Ach, war das nicht schön, anno 2006, als man trunken vor schwarz-roter Geilheit eine korrupt erschlichene Weltmeisterschaft public viewen konnte, auch mal wieder stolz sein durfte und sich endlich wieder Kriegsbemalung ins Gesicht schmieren konnte? Und natürlich war das alles als „gesunder Patriotismus“ gelabelt, da konnte nichts schiefgehen, ein bisschen besoffene Deutschfröhlichkeit, mal ein Fähnchen schwenken und zwei Wimpel an des Deutschen liebstes Statussymbol gehängt.
Zehn Jahre später hat es sich doch etwas anders entwickelt. Organisationen wie Pegida marschieren nicht nur durch Sachsen und eine nicht mehr zu leugnende stark rechte Positionen vertretende Partei wie die AFD gewinnt bundesweit erstaunliche viele Stimmen. Die Anzahl der Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte haben sich von 2014 auf 2015 mehr als vervierfacht, und nicht nur wegen der Ereignisse in Clausnitz muss man einmal mehr den Eindruck gewinnen, dass die Polizei auf dem rechten Auge blind ist.
Auch im kulturellen Mainstream scheint „rechts“ nun schick zu sein: Ein Band wie Frei.Wild, die in einem Song ganz nebenbei den letzten Satz aus Goebbels Sportpalastrede „Sturm, brich los“ zitiert, gewinnt einen Echo und niemanden scheint das ernsthaft zu stören. Philipp Lengsfeld, Bundestagsabgeordneter der CDU, feiert die Band förmlich auf seinem Twitter-Account:
Im Windschatten des neu auflebenden „Patriotismus“ kommen sie nun langsam, aber sicher aus ihren Löchern. CDU-Abgeordnete stören sich offensichtlich nicht an geschichtsrelativierenden Texten wie:
Sie [die „Gutmenschen“] richten über Menschen, ganze Völker sollen sich hassen
Nur um Geschichte, die noch Kohle bringt, ja nicht ruhen zu lassen (Quelle, Einfügungen in Klammern stammen von mir. )
Rechts ist leider schick. Wir sollten uns daran gewöhnen.
Also bei der Zustandsbeschreibung stimme ich dir ja zu!
Aber das direkt in Bezug mit der WM 2006 zu setzen? Neh.
Und daran gewöhnen? Schon gar nicht!
Auf keinen Fall.