Isch 'abe gar kein Untertitel...

Ein Wort über das Autofahren

Man kann keine Woche auf Kreta verbracht haben, ohne ein Wort über das Autofahren zu verlieren. Autobahnen gibt es hier nicht, bestenfalls ausgebaute Schnellstraßen, auf deren linken Spur man 90 fahren darf, während die rechte Spur für 70 km/h ausgezeichnet ist. Überwiegend befährt man jedoch einspurige Straßen, mal mit mehr, mal mit weniger Fahrbahnmarkierung. Und wenn man ganz weit draußen ist, auch mal mit mehr oder mal mit weniger Teer.

Zunächst einmal lieben die Kreter das Überholen. Dazu nutzen Sie in der Regel nicht die dafür vorgesehenen und zugegebenermaßen seltenen Bereiche, in denen das Überholen gestattet ist, sondern ziehen mit großer Vorliebe über durchgezogene Linien und das gerne auch in unübersichtlichen Kurven. Sind heute fast Augenzeugen eines Crashes eines Busses mit einem SUV geworden, bei dem letzterer in einem Zug mehrere Fahrzeuge überholen wollte und dafür fleißig die Mittellinie nutzte. Allerdings muss man zugeben, dass der Wahnsinn meist Methode hat, denn oft muss man einfach überholen und die Kreter machen immer auch bereitwillig Platz für den herannahenden Hintermann, indem sie auf die Standspur ausweichen. Diese wiederum teilt man sich von Zeit zu Zeit mit Fahrradfahrern oder entlaufenen Ziegen. 

In den Städten fallen weniger die Autofahrer durch gewagte Überholmanöver auf als vielmehr die unzählbaren motorisierten Zweiradfahrer. Die strömen aus allen Richtungen, quetschen sich an Ampeln auch durch aussichtsloseste Lücken in die vorderste Reihe und überflügeln ihre vierrädrigen Straßengenossen rechts wie links. Zeitsparend fährt man als Kradfahrer auch entgegen der vorgegebenen Fahrtrichtung. Überhaupt dominieren hier entweder Kleinwagen oder schmale Motorroller, andernfalls geländegängige Karossen; erstere werden gefahren, bis sie auseinanderfallen, und letztere auch. „Große“ Marken sucht man hier im ärmeren Westen vergebens. 

Als Fußgänger bleibt man stets das schwächste Glied der Kette, und man sollte es tunlichst vermeiden, sich in Sicherheit wähnend auf einen Zebrastreifen zu begeben. Außerhalb größerer Ortschaften vermeidet man das Bauen von Bürgersteigen; wofür auch, hier fährt ja jeder Zweite Motorroller. Warnschilder weisen darauf hin, dass Menschen Schnellstraßen überqueren, uns stockte fast das Herz, als plötzlich aus einem Oleanderbusch ein gut gebräunter Herr mit Bart in Richtung Straße sprang. 

Überhaupt gilt „Wer sich an die Regel hält, hat Pech gehabt“. Statt „rechts vor links“ zählt hier, wer schneller die Kupplung kommen lässt. Parken im Halteverbot, kein Problem. Zebrastreifen werden ignoriert. Und Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten nur dann, wenn… ja… wann eigentlich? 

Wie auch immer, man gewöhnt sich nicht nur an das Wetter, sondern auch an die Gepflogenheiten. Heute zum ersten Mal im Überholverbot überholt. War gar nicht schlimm… oder? 😉

1 Kommentar

  1. philgeland

    Autobahnen gibt es hier zwar schon aber ansonsten könnte man das Wort „Kreta“ auch durch das Wort „São Paulo“ ersetzen.

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