Katastrophale Schlagzeilen
Der Katastrophenjournalismus buddelt jeden Tag aufs Neue nach schlagzeilenträchtigen Katastrophen. Sorgt die Pharmalobby ein Jahr nicht für todbringende, weltallumspannende Pandemien, dann muss eben der gute alte Winter herhalten! Beschwerte man sich vor drei, vier Jahren noch über den ausbleibenden Schnee, der bestenfalls ein Februarwochenende Deutschlands Kinderherzen erfreute, so reichen diesertags schon schlappe zehn bis zwanzig Zentimeter Schnee, um das ehemalige Nachrichtenmagazin online mit Schlagzeilen wie „Unterrichtsausfall im Winter“ aufmachen zu lassen. Schlimmer bei Springer: Die Welt schwafelt gleich vom „Schneechaos“. Der Nachbar erzählte von Schneehöhen von 2,90 Metern im Urlaubsort in Süddeutschland anno dunnemal. DAS ist „Schneechaos“. Aber bad news are good news.

Neoliberale Eiszeit
Eiskalt wird es um Guido Westerwelle, daran wärme ich mir gerade das Herz. Jetzt hilft ihm sein Gestammel vom „niedrigeren, einfacheren und gerechten“ Steuersystem auch nichts mehr, er ist als Luftpumpe enttarnt. Die Mövenpicker hat er bedient, der Masse die kalte Schulter gezeigt. Niedriger ist nichts, einfacher ist nichts, gerechter… siehe Mövenpick. Darüber hinaus hat die FDP unter Westerwelle nichts, aber auch gar nichts getan, um sich die Wähler warm zu halten. Auch das Personal entstammt, mit Ausnahme Leutheusser-Schnarrenbergers, eher einem Trauerspiel für Eisklötze: Niebel, der das Ministerium übernommen hat, das er abschaffen wollte. Wofür auch Entwicklungshilfe? Rösler, der wie ein selbstverliebter Yuppie wirkt und mit seiner Kopfpauschale soziale Ungleichgewichte zuungunsten der Schwächeren bewirkt. Typen wie Lindner werden ernsthaft als Nachwuchskräfte betrachtet. Und Westerwelle? Wird von Koalitionspartnern wie diplomatischen Gegenübern als Leichtmatrose angesehen, als Marktschreier, der mehr Energie in Selbstdarstellung als in Sachkompetenz steckt. Rhetorisch gewiefter Luftblasenbabbler.

Den Neoliberalen prasseln die Schneebälle sowieso gerade mitten ins Gesicht; die Quasi-Abschaffung der Zeitarbeitsfirmen begrüße ich mit einem kühlen „Hohoho“ und gönne jeder einzelnen Arschgeige Führungskraft, die da aktiv gearbeitet modernen Sklavenhandel vorangetrieben hat, ihre Arbeitslosigkeit. Können sich dann ja vorbildhaft unter Tarif verdingen, wenn sie es so schön finden, für Vollzeitarbeit nur halb entlohnt zu werden.

Yahoo schließt delicio.us
Delicio.us wird offensichtlich dichtgemacht, so zwitschert man auf Twitter. Ich habe nie verstanden, was diesen Dienst attraktiv machen soll. Erstens: Die Erfahrung zeigt uns schon seit Jahren, dass Web2.0-Dienste immer wieder dicht gemacht werden, wenn sie keinen Profit liefern. Darum hoste ich mein Blog ja nun auch privat, weil ich keine Lust habe, mich auf externe und überdies kostenlose (sprich: unverbindliche) Dienstleistungen verlassen zu müssen. Darum nutze ich auch kein Flickr mehr. Zweitens: Was macht man mit teilweise über 3.000 Links? Lesen? Ansurfen? Welchen Sinn und Nutzen soll das haben? Vielleicht bin ich ja einfach nur, wie so oft im Web2.0, intellektuell unterdimensioniert, aber ich halte das für Zeitverschwendung. Meine 100 nahezu ungenutzten Bookmarks werden jetzt den Weg alles Digitalen gehen. Schade für diejenigen, die offensichtlich einen größeren Nutzen aus delicio.us ziehen konnten als ich.