Isch 'abe gar kein Untertitel...

Literarischer Untergang des Abendlandes und Renaissance des Islam

Ha! Mein Houellebecq ist endlich angekommen. Dann lassen wir’s heute Abend mal richtig krachen und das Abendland in Bausch und Bogen untergehen!

Lese nebenher gerade zwei Einführungen in den Islam und ich versuche, mich ein wenig schlauer als vorher zu machen, was den Islam und seine Geschichte angeht. Da kommt mir der heutige Kommentar in der Süddeutschen „Der Islam braucht eine kritikfähige Rennaissance“ gerade recht. Der Theologe Abdel-Hakim Ourghi versucht, „das Phänomen der Gewalt“ des Islam aus historischer Perspektive zu erklären und fordert:

Heute ist es dringend nötig, mithilfe einer rationalen Lesart der islamischen Gewalt dem Zusammenhang zwischen islamischem Monotheismus und politisch motivierter Gewalt in ihrem historischen Kontext nachzuspüren. Das Erinnern an das Phänomen der Gewalt im Islam kann so zur Grundlage für einen Prozess kritisch-reflektierender Aufklärung werden, die in einen Diskurs über die Verpflichtung auf ein friedfertiges Miteinander der Religionen münden sollte. (Quelle)

Ohne Innenperspektive kann man das natürlich kaum beurteilen, aber zumindest scheint es so, als würde nun einiges an Bewegung in den Diskurs über den Islam kommen – und das auch öffentlich von muslimischer Seite. Dabei muss es den Muslimen weitaus schwerer fallen, diesen Diskurs zu führen, denn es gibt im Islam keine mit der christlichen Kirche vergleichbare Instanz, die theologische Urteile fällen könnte und anscheinend ist der Islam weitaus interpretationsbedürftiger als man es sich gemeinhin vorstellt.

Währenddessen sprießen die Berichte über Aktionen gegen Islamisten und die Reportagen über Syrienheimkehrer wie Pilze aus dem Boden. Der Terror verkauft sich gut, und das spielt auch Houellebecq (ha – muss gar nicht mehr abgucken, wie man’s schreibt) in die Karten, den ich mir jetzt zu Gemüte führen werde. Freue mich auf ein spannendes Gedankenexperiment.

4 Kommentare

  1. Tanja

    Ich bin auch dran an Houellebecq (aber langsam, lese Französisch). Ich habe bis jetzt nicht das Gefühl, er habe das Buch geschrieben, weil sich Terror gut verkaufe. Mich dünkt eher, dass er sich einmal mehr damit rumschlägt, wie Macht verteilt ist und wie sie sich verschiebt, wenn Manschen gleichmütig, unaufmerksam und träge sind.

  2. Hokey

    Dass Houellebecq den Terror bewusst nutzt, denke ich auch nicht; sein Roman ist ja eher ein Gedankenspiel und eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Islam, die so gar nichts Reißerisches an sich hat. Und dass ausgerechnet in Paris ein Attentat zum Zeitpunkt der Veröffentlichung stattfinden würde, war nicht vorherzusehen, macht den Roman aber dennoch umso interessanter.

    Und ich stimme dir zu, die Hauptfigur ist fast schon unerträglich träge und unpolitisch sowie die Gesellschaft opportunistisch, aber dem Geheimdienstler legt er einige kluge Beobachtungen in den Mund. (Und wenn man jetzt sieht, wie in Griechenland die Linke mit der Rechten, dann scheint seine Idee des Zusammengangs bürgerlicher Parteien mit einer muslimischen Partei gar nicht mehr so abwegig…)

  3. Tanja

    Also meine doch recht zahlreichen Verschwörungsexperten unter den Jugendlichen haben schon fast jede Theorie zum Attentat von Paris vorgebracht (Nr. 1 ist der Dauerbrenner Mossad, Nr. 2 die französische Regierung, Nr. 3 die Amerikaner). Houellebecq kommt glaub ich als Täter bloss darum nicht in Frage, weil er ihnen unbekannt oder zu schwierig auszusprechen ist.

    Aber gell, das Buch ist wirklich gut. Ich fand bis jetzt „Ausweitung der Kampfzone“ am besten, da ist es ja die Gleichgültigkeit der Eltern und des Umfelds eines Kindes, die einem so nahe geht. Aber „Unterwerfung“ ist ebenso gut.

  4. Hokey

    Kenne bisher nur „Karte und Gebiet“ von ihm und glaube nicht, dass meine Schüler Houellebecq kennen, aber die sind ja auch nicht so ausgesucht leseaffin wie deine. 😉 Gespannt bin ich auf eine Unterrichtsreihe zum Thema „Begegnung von islamischer und christlicher Welt“ in Jahrgangsstufe 10 (heißt bei uns „Einführungsphase“), da wir religiös eine sehr gemischte Schülerschaft haben.

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