Nun ist es also soweit. Morgen wird der Bundespräsident gewählt.
Ich schreibe das so einfach, weil das ja schon feststeht, dass es einen
Bundespräsidenten geben wird. Keine Bundespräsidentin.

Finde
ich schade. Denn Frau Schwan ist trotz ihrer bevorstehenden Niederlage
offen und beherzt aufgetreten, hat sich unters Volk gemischt und
Diskussionen nicht gescheut. Und wo war Herr Köhler? Ach – ähm, dem
hatte man einen Maulkorb verpasst, weil er sich fast selbst schon
wieder rausgeredet hat, aus dem Bundespräsidentenamt. Da hat man ihn
einfach in die kurzfristige Verbannung geschickt, um ihn rechtzeitig
zur Wahl wiederzuholen.

Wenn ich mir aber dabei überlege, dass
es eine der Hauptaufgaben meines künftigen Staatsoberhauptes sein wird,
mutig und kraftvoll schwierige Themen anzuschneiden und öffentliche
Diskurse anzustossen, zu Themen von ethischer und moralischer Brisanz,
dann weiß ich wirklich nicht, ob ich da jemanden haben will, der sich
von irgendwem den Mund verbieten lässt!

Schade für Frau Schwan,
dass die Wahl schon feststeht. Und die Wahlfrauen, die in der
Nationalversammlung morgen abstimmen und für Herrn Köhler wählen,
dürfen sich im Prinzip danach nie wieder beschweren, dass Frauen nicht
in die höchsten Staatsämter gewählt werden. Schließlich hatten sie es
höchstpersönlich in der Hand eine Frau dahin zu bringen. Ironie des
Schicksals, dass vor wenigen Tagen ausgerechnet in Indien die Wähler
eine Frau ins höchste Regierungsamt gewählt haben (was Frau Ghandi aber
abgelehnt hat), wo Indien doch bei uns immer als frauenfeindlich par
exellence hingestellt wird…