Isch 'abe gar kein Untertitel...

Giftige Brühe.

Schlimm, wie die furchtbaren Ereignisse so schnell aufeinander folgen.

Schlimm auch, dass nun jeder die Situation nutzt, um sein eigenes Süppchen darauf zu kochen. In diese giftige Brühe hinein wird schlicht alles gerührt, was man so aus seiner beschränkten Weltsicht ganz allgemein und im Besonderen schon immer mal anprangern wollte. Dabei vergisst man in seiner Empörung schnell, dass man in die gleiche Falle tappt, wie all die Gruppen und Ideologien, die man selbst gerne verantwortlich machen möchte: Man schreibt einer sehr heterogenen Gruppe von Menschen sehr homogene Eigenschaften zu und reduziert sehr komplexe Probleme auf (s)eine so simplifizierte Sicht, dass man nicht davon ausgehen kann, dass diese ernsthaft irgendwie zu einer Lösung beitragen kann. Aber das soll sie ja auch nicht, man will ja eigentlich nur seine Agenda in die Öffentlichkeit bringen.

Da kommen erwartungsgemäß die gehässigen „Wir haben es euch doch prophezeit“-Kommentare der konservativen und rechten Fraktion, die jedes kleine Anzeichen auf islamistischen Terror nutzt, um Stimmung gegen Flüchtlinge und Migranten zu machen. Ich spare mir die Links auf die (teilweise gelöschten) AfD-Tweets, aber dass da die unterste Schublade bedient wurde, versteht sich von selbst. Nahezu deckungsgleich mit dieser Gruppe dürfte die Gruppe derer sein, die den Islam als Wurzel allen Übels sieht und diesen pauschal verantwortlich macht für die Gräuel, die gerade unter dem Label „Terror“ stattfinden. Vereinfachend, dumm. Aber sehr öffentlichkeitswirksam.

Feministinnen wiederum nutzen die Attentate, um ihre Vorstellungen von fehlgeleiteter Männlichkeit an den Mann und die Frau zu bringen. Das heißt dann „kranke Männlichkeit“, „pervertierte Männlichkeit“ oder „toxische Maskulinität“. „Die“ Männer und ihre dummen Selbstkonstruktionen sind schuld an Gewalt im Allgemeinen, die sollten endlich mal klarkommen und begreifen, dass sie die Loser der Evolution sind. Den Einzeltäter zu betrachten, wäre arg kompliziert. Da rotzt man lieber zwei Tage nach dem Attentat seine Weltsicht in die Zeitung. Ist garantiert ein Aufreger, wird geklickt und generiert Aufmerksamkeit. Ändert letztlich nichts, aber man hat sein Thema platziert. Mission accomplished.

Politiker hingegen suchen immer den schnellen Schuss. Kein junger Amokläufer ohne sofortige „Killerspiele“-Debatte. Auch hier: Komplexes Problem, unterkomplexe Lösung. Ein Verbot von Ego-Shootern ginge zudem mit einer Lösungswahrscheinlichkeit gen Null einher. Die Jungs besorgen sich illegale Schusswaffen auf dem Schwarzmarkt, da wird ein Computerspiel… seufz Aber auch hier: Man ist öffentlich präsent, simuliert Lösungsansätze und dass man gleich mal einen Haufen stinknormaler Gamer in einen Sack mit durchgeknallten Amokläufern packt, wen stört das schon jenseits der 50?

Das Ergebnis: Nach jedem Vorfall bekriegen sich die unterschiedlichen Interessengruppen und machen sich gegenseitig madig. Schuld ist immer der imaginierte Gegner und eine differenzierte Betrachtung unnötig, denn man weiß ja schon, wer schuld ist. Ausgerechnet da, wo man genau hinschauen müsste (zum Beispiel: Woher kommt die Todesbereitschaft dieser jungen Leute?), holzt man mit den gröbsten Klötzen.

Und ich kann den ganzen Blödsinn langsam nicht mehr lesen.

3 Kommentare

  1. Batti

    * Daumen hoch* …auch wenn die Thematik eigentlich so traurig ist!

  2. Thelonious

    „wen stört das schon jenseits der 50?“

    Mich.

    • Hokey

      Das ist beruhigend.

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