Da steht ein alter Literaturkritiker vor einem Saal voller jungbleibenwollender Fernsehyuppies, macht das, was er am besten kann, und wird dafür nun geschasst, für senil – nein – für unnormal erklärt. Mag ja sein. Es besteht immerhin die theoretische Möglichkeit, dass Marcel Reich-Ranicki das Warten zu lang geworden sein mag, dass er all die prämierten Beiträge und ihre hochqualitative Konkurrenz (z.B. „Drei Bewerber – ein Job“ war nominiert!) nicht wirklich kannte, was er ja im Prinzip auch eingeräumt hat.
Aber was ist mit all den anderen, die ihm zugestimmt haben und zustimmen? Was mit denen, die auf einem bequemen Sofa gesessen haben und dennoch gegen die Langeweile kämpften, die alleine der alte Mann zu stören wagte? In medias res: Was ist mit der Prämierung von Qualitätsprodukten wie „DSDS“, der nun ersten prämierten Show, in der hoffnungsvolle Jugendliche sich von breitärschigen Millionären beschimpfen lassen müssen? Warum standen da Qualitätsformate wie „Drei Bewerber, ein Job“ oder „Germanys next Hungerhaken“ auf der Liste – Anspruchslosenfernsehen der allerersten Güte! Solange es solche Formate auch nur preisverdächtig sind, ist der gesamte Preis obsolet, denn dann scheint es ja weit und breit nichts besseres zu geben. Sich in diese Galerie des Obsoleten nicht einreihen zu wollen, das kann man Marcel Reich-Ranicki nicht verdenken.
Und wer sich jetzt von den Medienschaffenden, wie z.B. Pastewka, so gewollt wortgewaltig über MRR erregt, der sollte nicht vergessen, dass über diesen – ach so wichtigen – Preis kein Mensch mehr sprechen würde, hätte es MRR nicht gegeben.
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