Seit ungefähr fünfzehn Jahren ist Amp-Modeling unter Gitarristen ein heißes Thema. Dank wachsender Computerkraft modelliert man mit Leichtigkeit die Sounds bekannter und beliebter Gitarrenverstärker digital nach und bietet so dem geneigten Gitarristen für kleines Geld gleich mehrere klassische Amps zur Auswahl. Die stecken dann zum Beispiel in einer kleinen roten Plastikbohne oder gleich im Handy, in welche man das Gitarrenkabel einstöpselt und das Signal dann an eine Box oder gleich in ein Mischpult schickt. Die Sounds sind überaus brauchbar und bis heute erfreuen sich Amp-Modeller großer Beliebtheit.

Zum einen sind sie relativ günstig, denn sie simulieren für kleines (ca. 100€) bis großes (ca. gerne 2000€ und mehr) Geld Verstärkertypen, die den geneigten Sammler leicht einen fünfstelligen Betrag gekostet hätten. Zum anderen erleichtern sie das stille Üben per Kopfhörer, ohne dass man auf Sound verzichten muss, da sie ja nicht mehr von physischen Voraussetzungen abhängig sind. Während die Röhre einer gewisse Lautstärke braucht, simuliert der Modeler auch im stillen Kämmerlein in die Kopfhörer hinein.

Besonders praktisch aber sind Modeler in Aufnahmesituationen. Während man mit einem Analogamp das richtige Mikrofon an der richtigen Stelle platzieren und den Amp richtig einstellen muss, stöpselt man den Modeler einfach ins Mischpult. Fertig. Kein Feedback, kein Übersteuern, keine Scherereien. Auch live kommt das gut, denn man braucht keine Amps auf der Bühne, die dem Tonmann das Leben erschweren. Der Sound geht übers Kabel ins Mischpult und kommt aus der PA und den Monitoren für die Musiker wieder heraus. Einfacher geht’s nicht.

Neue Maßstäbe

Doch auch hier hat das Internet mittlerweile die Maßstäbe verschoben. Der neue Star am Digi-Amp-Himmel heißt Kemper. Diese Firma hat einen Modeler entwickelt, der nicht nur vorgefertigte Amp-Modelle im Rundum-Sorglos-Paket zu bieten hat, sondern in der Lage ist, jeden anderen Amp zu analysieren und dessen Sound zu speichern. Ist das geschehen, kann der User das von ihm aufgenommene Amp-Modell im Internet zum Download anbieten und seinerseits neue Modelle anderer Nutzer herunterladen. Und das in beeindruckender Qualität! Der Clou: So können nicht nur besondere Verstärkertypen, sondern gleich der Sound besonderer Einzelstücke ihren Weg in den Amp-Simulator eines jeden Kemper-Users finden. Ein Wahnsinn! Soundbeispiele zeigen, wie gelungen die Imitation der Amps funktioniert und wie leicht man Profile erstellt.

Andererseits: Wer baut noch gute, Maßstäbe setzende Röhrenverstärker, wenn sich deren Entwicklung wirtschaftlich nicht lohnt? Wer füttert die Kempers dieser Welt mit neuen Röhrenverstärkern, wenn die großen Verstärker-Marken das Zeitliche gesegnet haben?