Es ist unübersehbar, dass den Menschen die lasche(t) Coronapolitik so richtig zum Hals raushängt. Dieses ewige und planlose Gehänge und Gewürge, das andauernde Verschieben aller sinnvollen Regeln seitens der Bundesregierung, aber insbesondere der Ministerpräsident:innen hat uns nun dahin geführt, wo niemand hinwollte: In den unendlichen Halb-Lockdown, garniert mit Mutanten, inmitten eines Wettbewerbs um den Titel, wer als erster sein Bundesland möglichst weit geöffnet hat. Verlierer seit einem Jahr: Die Wissenschaft. Eifrig beschworen, doch wenig beachtet – wird sie doch von den meisten führenden Politkern als Steinbruch für Rechtfertigungen missbraucht. Anstatt zu beobachten, welche Handlungen valide aus wissenschaftlichen Aussagen und Erkenntnissen abgeleitet werden könnten, wurden interessensgeleitet Studien herausgepickt, um die eigenen politischen Handlungsabsichten zu legitimieren. So funktioniert das leider nicht.

Dafür gibt es nun nach einem langen Jahr ohne Lernerfolge in der Breite das wohlverdiente Echo. In der ZEIT (Corona-Pandemie. Was uns mit der dritten Welle erwartet) blicken die Autorinnen Erdmann, Kattwinkel, Palm auf die dritte Welle voraus und teasern: „Die Vorhersagen von Pandemieforschern sind verblüffend genau. Umso deutlicher zeigt sich: Öffnungen werden die Krise jetzt verschlimmern, noch fehlen genügend Impfungen.“ Sie zeigen, dass die wissenschaftlichen Modellierungen zur Mutante B.1.1.7 bislang sehr genau eintreffen (wie schon seit Monaten, wenn man den Drosten-Podcast verfolgt). Die Politik ficht das nicht an. Lieber verlässt man sich auf das gute alte Mittel des Kompromisses: Niemandem so richtig, aber dafür allen immer etwas wehtun. Der Denkfehler unserer medienbefeuerten Politiker in den ganzen Strohmanndebatten: Weder Querdenker noch Shutdown-Fans oder gar „die Wirtschaft“ und das Personal der Intensivstationen sind hier die Verhandlungspartner – es geht um alle Menschen versus ein Virus. Und Viren stehen nicht so auf Kompromisse. Da helfen auch keine Umfragen, wer gerne wann wie geöffnet haben möchte; es hilft nur, dass die scheiß Inzidenzraten niedrig bleiben!

Sehr deutlich wird ein junges Team der Quarks-Redaktion. In dem heute veröffentlichten Video weisen sechs junge Redakteur:innen auf die unwissenschaftliche Haltung der Politik hin und machen die Chronologie des Versagens deutlich. Es tut förmlich weh, sich das anzuschauen und sich vorzustellen, dass ja relativ simple Prinzipien (exponentielles Wachstum, Latenz, Folgen zu späten Bremsens) bei gleichzeitig sehr schnell messbaren Ergebnissen in der Politik über ein Jahr lang nicht durchgedrungen sind. Wie soll man diesen Menschen zutrauen, große und langfristige Themen wie den Klimawandel anzupacken?

Es ist wirklich schwer, diesen Irrsinn länger ertragen zu müssen. Vielleicht sollte man sie sich einfach ins Verderben reden lassen? Bei Markus Lanz entlarvten sich wie Dominosteine nacheinander Laschet, Kretschmer und Kubicki ganz von selbst. Naja fast, Markus Lanz bleibt hartnäckig und sowohl dessen ZDF-Präsenz als auch das Statement des Quarks-Teams zeigen einmal mehr, wie wichtig öffentlich-rechtliche Medien sind (und dass deren Unabhängigkeit gepflegt werden muss).

Wer das ganze Narrentum nur noch humoristisch ertragen kann, dem sei der Twitter-Hashtag #laschetdenktnach empfohlen. Ein paar meiner persönlichen Highlights:

https://twitter.com/fedxup/status/1377898986854625282?s=20
https://twitter.com/TrapperKocht/status/1377968388937486337?s=20
https://twitter.com/sty__74/status/1377935080476262401?s=20