Isch 'abe gar kein Untertitel...

Verselbstständigung

Es gibt diese vielen ScFi-Filme, in denen die Menschen von ihrer eigenen Technik überrollt werden. Filme, in denen die Maschinen selbstständig werden und die Macht an sich reißen, sich von ihren Schöpfern emanzipieren und ein Eigenleben beginnen. Doch die Maschinen sind beileibe nicht das Problem.

Denn diese Utopien sind wahr geworden. Doch sind es nicht die Maschinen, nicht die Algorithmen, die sich verselbstständigen, sondern die von den Staaten geschaffenen Apparate. Für diese Apparate ist klar: Jeder ist der Feind. Du bist der Feind. Die Apparate müssen alles über dich wissen, ohne Rücksicht auf dich, ohne Rücksicht auf Verluste von Bürger- oder Menschenrechten. Von der in einigen EU-Ländern nahezu flächendeckende Kameraüberwachung bis zur massiven Internetüberwachung brauchte es gerade einmal 12 Jahre, von den lachhaften Regularien über Flüssigkeiten in Flugzeugen bis zum Nacktscan ging es sogar noch schneller.

Doch nackig machen braucht sich niemand mehr, nackig sind wir schon. Ein nacktes Volk, ohne Kleider, bloßgestellt von den geheimen Apparaten, die offensichtlich ohne jede Kontrolle Daten aufsaugen; bloßgestellt von denen, die Schaden von uns hätten abwenden sollen. Die schwarze Kaiserin lässt uns nackt dastehen, während sie wohlbekleidet dem schwarzen Präsidenten der Hemmungslosen Staaten von Amerika hinter Panzerglas die Aufwartung macht.

Bedrückend: Es scheint innerhalb dieser Apparate eine Haltung vorzuherrschen, dass man sich das herausnehmen dürfe, ja sogar müsse; dass das die Aufgabe sei, der man nachzukommen habe. Dass man dabei undemokratisch und gegen jede liberale Vorstellung von Freiheit oder Gewaltenteilung handeln dürfe. Politiker scheint das nicht anzufechten. Einen händereibenden Friedrich durfte man beobachten. Und in der Bevölkerung scheint die Haltung nicht wesentlich anders zu sein. Ein Kommentator der Zeit verglich heute treffend die passive Haltung der Deutschen zum Zusammenhang von NSA-Skandal und BND mit der verkrochenen Biedermeierlichkeit der Restaurationsphase nach dem Wiener Kongress. Recht hat er.

 

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Ist das Internet nicht doch eine Falle?

1 Kommentar

  1. Dipl.-Psych. Thorsten Kerbs

    Ist es nicht absurd? Das Internet, vermeintlich ein Instrument der (Basis-)Demokratisierung, das dem einzelnen Bürger eine Stimme zu geben versprach, erweist sich schlussendlich als probates Mittel der Totalüberwachung.

    Jetzt stellt sich nur noch die Frage, was gewisse Politiker dazu bringt, auf der Suche nach Feinden im eigenen Volk fündig zu werden. Warum hören wir zu dieser hochspannenden Frage so wenig von sozialpsychologischen und sozialwissenschaftlichen Experten? – Trost kommt in diesen schweren Tagen nur von den Kommentaren und Analysen der ZEIT. Die in ihrem Kern, und hoffentlich noch lang!, ein analoges Medium ist. Druckerschwärze auf Papier.

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