Hatte im letzten Beitrag auf das „Plädoyer für eine neue Debattenkultur“ verlinkt. Leider wird das nur ein frommer Wunsch bleiben, wenn man beobachtet, welche Macht der digitale Mob via Shitstorm auf einzelne Institutionen ausüben kann. Jüngstes Beispiel ist die DFG, die einen Beitrag von Dieter Nuhr zurückzieht, weil dessen Person Twitter-Deutschland nicht genehm erscheint. Ich bin auch kein Nuhr-Fan und man darf sich schon fragen, was die DFG reitet, Nuhr als Testimonial heranzuziehen. Und dennoch: Dass sich in einem Kurznachrichtendienst Leute gegenseitig in den Rage-Modus versetzen und darin gegenseitig hochschaukeln, darf nie und nimmer dazu führen, dass eine solche Entscheidung revidiert wird.

Lemminghafte „Cancel Culture“ bringt uns nicht weiter. Nuhr bei seinen (durchaus vernünftigen) Worten nehmen und ihn daran messen, das wäre adäquat:

https://twitter.com/dfg_public/status/1288843533898612745

Noch schlimmer ist es, wenn die laute Minderheit Einfluss nimmt auf große Tageszeitungen wie die New York Times. Eine konservative Kolumnistin kritisiert:

„Twitter ist nicht das Impressum der ‚New York Times'“, schreibt Weiss in ihrer Kündigung, „aber es ist zu ihrem mächtigsten Redakteur geworden. Die Moral der Plattform ist zur Moral des Blattes geworden.“ Geschichten würden so ausgewählt und geschrieben, dass Meinungsführer auf Twitter zufrieden seien.

Spiegel Online

Es wird immer deutlicher, wie recht Angela Merkel mit ihrer lange verspotteten Einschätzung des Internets als „Neuland“ hatte. Wir werden noch sehr lange brauchen, um den vernünftigen Umgang damit zu erlernen. Ich vermute, die heutigen Generationen werden sich diesbezüglich nicht mit Ruhm bekleckern. Meine Akzeptant für Social Media befindet sich mittlerweile nahe dem Nullpunkt.