Wir sollten bis heute einen Essay zum Thema "Was kennzeichnet
historisches Lernen" schreiben. So zwei bis drei Seiten. Kein Problem,
schließlich kann man sich bei einem Essay ja gewisse Freiheiten
herausnehmen und seine subjektive Meinung einbringen. Habe ich zwar
noch nie gemacht, aber bitte, so schwer kann das nicht sein.

Pustekuchen! Einen geschlagenen halben Tag habe ich an den zwei
ein-achtel Seiten gesessen und mir etwas dahergeradebrecht. Immer
wieder auf Wikipedia.de zur Definition für Essays rübergelinst,
festgestellt, dass ich alles Mögliche schreibe, aber keinen Essay.
Mist! Gelöscht. Blick in die Sekundärliteratur zum Thema. Geschrieben.
Gelöscht. Verschoben. Ersetzt. Geschrieben. Zeit wurde knapp.
Konzentration ließ nach. Keinen Bock mehr. Ende. Knappe zwei Seiten
voll, ein Schluß war nicht vorhanden. Okay, – den Rest dann morgen
früh.

Heute morgen also noch schnell einen Schluss hinzugepinnt, das
ungewollte Kind ab in den Rucksack und ja nicht mehr draufgucken.
Stunde der Wahrheit dann um 11:30. Vorlesen. Okay, lesen kann ich
wohl…lese vor…die erste Pointe sitzt…es wird wieder ruhig…lese
leichter weiter…Stille…lese…Getuschel von links…lese mich dem
Ende entgegen: Ende! – stumme Ruhe, dann prasselt förmlich die
Begeisterung nieder: "<b>Das</b> war ein Essay!" – "Du
solltest Schriftsteller werden." – "Das war sehr gut." Am Ende der
Stunde kommt ein Kommilitone zu mir, klopft mir auf die
Schulter:"Super! Muss ja auch mal gesagt werden…"

Was war da los? Ehrlich gesagt halte ich den Text auch jetzt noch für
mittelmäßig, auch wenn es mich natürlich freut, dass er so positiv
aufgenommen wurde. Ist das vielleicht mein Problem? Dass ich mit meinen
Texten nie zufrieden bin, obwohl sie sich durchaus sehen lassen
könnten? Und nur mir fällt das nicht auf? Bin ich blind für meine
eigenen Texte, nicht in der Lage mich selbst zu reflektieren? So etwas
ähnliches ist mir schon einmal in der Schule passiert. Sollte ich mich
vielleicht wirklich einmal an einem kurzen Roman oder Kurzgeschichten
versuchen? Könnte ich da meinem Vorbild Siegfried Lenz das Wasser
reichen? Solch gelungene Charaktere erfinden, die Geschichten zu einem
derart pointierten Ende führen, wie Siegfried Lenz? Vielleicht kommt es
ja nur auf einen Versuch an…schreiben kostet nix…