Gitarristen sind Getriebene. Immer auf der Suche nach dem neuesten Effekt, einer neuen Gitarre, besseren Kabeln, einem anderen Verstärker, schlicht: dem besten Ton (der immer unerreichbar ist). Dabei sind Gitarristen konservative Geister. Während die Kollegen vom Keyboard immer die neueste Technik am Start haben, muss für die Saitenquäler alles möglichst vintage sein. Die Instrumente, denen man nachzujagen hat, müssen möglichst den Ikonen aus den 60er-Jahren ähneln, in den letzten Jahren gab es den Relic-Trend, bei dem neue Instrumente mit diversen Chemikalien und ordentlich Handarbeit so behandelt wurden, dass sie am Ende optisch so aussahen, als wären sie schon dreißig Jahre mit Keith Richards auf Welttournee gewesen.

Dumm nur, dass eine optische Bearbeitung akustisch nicht so viel her macht. Angeblich klingen alte Instrumente ja viel besser als neue (wegen Schwingungen, Harzen im Holz, aufgelösten Blockaden und vermutlich viel Voodoo-Kraft), weshalb man nach Wegen suchte, das Holz von Instrumenten künstlich altern zu lassen. Findige Menschen erfanden darum das „Cryo-Tuning“. Die Idee ist simpel: Man verlangt eine ordentliche Stange Geld und packt die zu verbessernde Gitarre in einen Tiefkühler, wartet ausreichend lange und – voila! – plötzlich klingt die Gitarre um Welten, was sage ich, um W e l t e n besser. Auch wieder wegen Schwingungen, Harzen, Fasern und ganz viel Voodookraft. Wie auch immer: Der, dessen feine Ohren Unterschiede heraushören, wird mit einem Cryo-Tuning sehr glücklich werden, wer’s nicht braucht, braucht’s auch nicht.

[Aber: Ein Anbieter des Cryo-Tunings ist auf die äußerst findige Idee gekommen, dass man nicht nur Gitarren einfrieren könnte, sondern auch Fleisch Beef! Ja, richtig gelesen! Der packt jetzt zu den Gitarren auch noch ein paar Brocken Fleisch in seine Tiefkühltruhe (irgendwie muss der Lagerplatz ja genutzt werden). In Blindtests hätten die Tester den Unterschied deutlich herausgeschmeckt. (Nachtrag: Leider ist diese Idee wieder offline genommen worden, vermutlich, nachdem es Verwunderung in den einschlägigen Foren gegeben hat.)]

Die Preise sind gepfeffert. Für einen Gitarrensteg, der wirklich nicht allzuviel Platz einnimmt, verlangt man schlappe 79€. Aber wir Gitarristen sind halt ein spezielles Völkchen, wir investieren lieber in teures Equipment, anstatt die auf Ebay verbrachte Zeit ins Üben zu investieren.