Gaming Culture ist längst im Mainstream angekommen: Ob Pokemon-Shirts, Serien wie „The Witcher“ oder Begriffe wie „Noob“ oder „NPC“ – dem Sog der Gaming-Community kann sich niemand entziehen. So kam es, dass Netflix mir kürzlich die auf dem Computerspiel „League of Legends“ basierende Animationsserie Arcane vorschlug. Die ungewohnten Animationen im Trailer machten mich neugierig, also startete ich die erste Folge – und war sofort gefesselt! Was für eine tolle Serie!

Mit dem Spiel hatte ich bisher nichts zu tun, aber die Serie ist richtig gut: Die komplexe Story kann ich hier kaum auf den Punkt bringen, aber es genügt, wenn man sich zunächst an den beiden Schwestern Vi und Powder orientiert. Diese haben einen Kampf um ihren Platz in einer wunderschön gestalteten Steampunk-Welt zwischen Familientragödie, Rebellion, Drogensucht, Neurosen, Härte und Verletzlichkeit und der unvermeidlichen Suche nach der wahren Liebe auszufechten. Doch es geht nicht allein um die Beziehung zwischen den Geschwistern, sondern auch um Forschungseifer, den Grenzen der Wissenschaft und um politische Konfliktlinien im harten Klassenkampf, Schutzbedürfnis und Machtbewusstsein. In der Geschichte, die in der utopisch-schönen Oberstadt Piltover und deren giftig-dreckigen Unterstadt Zhaun spielt, haben überwiegend Frauenfiguren das Heft in der Hand. Beginnt die Serie mit den beiden Schwestern, so fügt sie der Geschichte immer weitere, überwiegend weibliche Protagonistinnen aus dem League of Legends-Kosmos hinzu und erzählt die vielfältigen Handlungsstränge großteils aus deren Perspektive.
Arcane vermeidet dabei simple Gut-Böse-Schemata, erlaubt tiefgehende Figurenentwicklung sowie widersprüchliche Charaktere. Als Zuschauer erwischt man sich immer wieder dabei, dem „Bösen“ mehr Sympathie entgegenzubringen, als es moralisch vertretbar wäre und wechselt bisweilen sogar selbst die Seiten.

Beeindruckende Animationen, beeindruckender Sound

Beeindruckend ist auch der Soundtrack zu beiden Staffeln der Serie. Ich gucke selten Animationsfilme oder -serien und vielleicht hat mir deshalb die Kombination von Bild und Ton so gut gefallen. Zwischen Kitsch und Krach, Rap, Punk, Rock und Bombast ist der Soundtrack genauso vielfältig angelegt wie die Geschichte – und trägt die Bilder ins Herz des Zuschauers. Künstler wie Linkin Park, twenty one pilots oder Imagine Dragons geben sich die Klinke in die Hand und fügen mit ihrem Stil der Atmosphäre jeweils ihr kleines Puzzelstück bei: Seien es die im tiefsten Bass grollenden Riffs Misha Mansoors oder die verrückt verspielten Sounds eines Tom Morello, alles passt wunderbar ineinander. Ich höre die Soundtracks zu beiden Staffeln gerade echt gerne.

Long story short: Ich freue mich auf die nächste Staffel.