„Was hast du seit 1970 gemacht?“ – diese Frage werden wir als Eltern, Groß- oder Urgroßeltern irgendwann beantworten müssen. Offensichtlich haben wir nichts gemacht, denn das, was Dr. Mark Benecke in seinem jüngsten Vortrag darstellt, wirkt dystopisch, ist aber leider bittere Realität und immer mit dem Zusatz versehen: Es lässt sich nicht mehr ändern – obwohl wir alles schon sehr lange wissen.

(via fefe)

Benecke konfrontiert seine Zuhörern mit vielen unangenehmen Aussagen, ich gebe hier einmal lose und unzusammenhängend wieder, was ich mir so gemerkt habe: Während wir politisch im das 1,5°-Ziel herumtanzen, ist das 4°-Ziel nachweislich nicht mehr erreichbar. Benecke betont mehrfach, dass er sich dafür auf gemessene Daten beruft, nicht auf Meinung. In absehbarer Zeit werden auch in Deutschland heute besiedelte Küstengebiete geräumt werden müssen. Auch bei einem Aufstocken der Deiche (bei einem Meter höher müssen diese an der Basis um sieben Meter verbreitert werden) müssen sehr küstennah bebaute Bereiche geräumt werden. Der Chef des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe warnte erst vor zwei Wochen am 13.7.22: „Als Bevölkerungsschützer sage ich, dass manche Flächen aufgrund des Klimawandels und der akuten Bedrohung durch Unwetterkatastrophen und Flutkatastrophen nicht wiederbesiedelt werden sollten. Auch an den Küsten stellt sich diese Frage“ (Tagesschau.de).

Ameisen und Bienen leiden unter einer massiven Abnahme in Deutschland. Ameisen sind, so Benecke, „komplett im Rückgang begriffen“. Die mit Aktionismus bedachten Honigbienen spielen dabei keine Rolle. Benecke vergleicht sie mit von Menschen gezüchtetem Mastvieh, das keine biologische Bedeutung im Kreislauf der Natur hat. Er betont hingegen die Bedeutung von Wespen, Fliegen und Wildbienen, die jeweils zu einem Drittel für die Bestäubung unserer Pflanzen verantwortlich sind. Um diese steht es leider nicht gut.

Honigbienen spielen keine Rolle.

Die Landwirtschaft ist, folgt man dem Vortrag Beneckes, einer der schlimmsten Umweltschädlinge überhaupt – der politisch so aufgeladene Transportsektor ist dagegen vergleichsweise unbedeutend. Ältere erinnern sich: das gescholtene (und verbotene) Ackergift DDT ist um den Faktor 5000 weniger giftig als heutige eingesetzte Gifte (z.B. Glyphosat). Nachträgliche Verbote dieser Gifte helfen nur bedingt, denn deren Halbwertszeit ist leider hoch.

All das wirkt direkt auf unsere „Lebensnetze“, d.h. das, was man in der Schule landläufig und unterkomplex als Ernährungskreislauf kennenlernt: Wenn es keine Bienen, Wespen oder auch Regenwürmer mehr gibt, um die Erde zu versorgen, dann haben auch wir Menschen irgendwann nicht mehr ausreichend Nahrung. Um das zu verdeutlichen, überträgt Benecke eine Wendung, die man üblicherweise einem weisen Indianerstamm zuordnet, in eine unmissverständlich wirtschaftsliberale Sprache: „Es gibt nur eine Währung auf dem Planeten Erde: Kalorien“. Oder wie es die Farm Equipment Association Of Minnesota And South Dakota ausdrückt: „Despite all our accomplishments we owe our existence to  six-inch layer of topsoil and the fact it rains.“ So simpel, aber beides machen wir aktiv kaputt: Unsere Böden zerstören wir mit Gift und durch unser Verhalten wird es auch immer dürrer.

Despite all our accomplishments we owe our existence to  six-inch layer of topsoil and the fact it rains.

Ändern lässt sich nichts mehr, das betont Benecke immer wieder, aber wie kann man dennoch der Verschlimmerung entgegenwirken? Was kann man tun, außer mit den Schultern zu zucken, alles auf die große Politik zu schieben und sich einen Freibrief dafür auszustellen, alles so weiterzumachen wie bisher?

Landwirtschaft und Ernährung sind die Haupttreiber des Klimawandels – und dagegen kann jeder etwas tun: Darauf verzichten, Fleisch (besonders Rindfleisch) zu essen. Ein Verzicht auf Fleisch verringert den persönlichen CO²-Verbrauch erheblich und sorgt gleichzeitig dafür, dass der Bedarf an Weideviehhaltung sinkt, womit sich auch die Landwirtschaft ändern muss. Gleichzeitig werden weniger Tiere gefoltert und getötet.

Auch das Wegwerfen ist ein Faktor, da dieses der Umwelt wichtige Nährstoffe entzieht: bspw. Holz zu verbrennen, damit zu bauen und Reste wegzuwerfen, entzieht der Natur wichtige Rohstoffe, die besser „vergammeln“ sollten als auf dem Müllberg zu landen. Benecke zeigt, dass man mittlerweile sogar bei Bestattungen darauf achten kann, dass der eigene Körper wieder in die Natur zurücküberführt wird.

Es hilft nichts, wir werden anscheinend den schlimmstmöglichen Folgen entgegensehen müssen. Nichts zu tun darf aber niemals eine Option sein. Diese eine Stunde in Beneckes Vortrag zu investieren, könnte ein Anfang sein.