Isch 'abe gar kein Untertitel...

Loudness war. Grund- oder Obertonhörer?

Zufälligerweise bin ich über einen interessanten Artikel der Blogrebellen aus dem Jahr 2013 gestoßen, der sich damit beschäftigt, dass der „loudness war“ (ich hatte mal dazu geschrieben) durch iTunes und Spotify beendet worden sein sollte. Beeindruckend ist das Beispiel mit Michael Jackson und vielleicht auch eine Warnung, die Finger von neu gemasterten Versionen zu lassen, wenn deren „remastering“ nur der Erhöhung der Gesamtlautstärke dient.

Nicht minder spannend ist der Test, ob man eher zu den Grundtonhörern oder zu den Obertonhörern gehört. Ich bin offensichtlich Grundtonhörer und konnte erst beim zweiten Beispiel die Melodie in den Obertönen. erkennen. Spannend auch, was man angeblich daraus ableiten kann (Schneider, et al. 2006, S.2896):

Da der linke Heschl-Gyrus für rasche zeitliche Verarbeitung zuständig ist, bevorzugten Grundtonhörer oft Musikinstrumente, die kurze, scharfe oder impulsive Töne produzieren (Schlagzeug, Gitarre, Klavier, Trompete, Querflöte oder hohe Soloinstrumente) und neigten zu virtuoser, impulsiver Spielweise. Der rechte Heschl-Gyrus ist eher für die Verarbeitung von Spektralfrequenzen (Obertönen), Klangfarben und Melodien zuständig. Deshalb bevorzugten Obertonhörer in der Regel Musikinstrumente, die länger ausgehaltene Töne mit charakteristischen Klangfarben oder Formanten im Spektrum produzieren (Streich-, Blech oder Holzblasinstrumente in tieferen Lagen, Orgel oder Gesang).

Musiker, die das gleiche Hauptinstrument spielten aber unterschiedlich hörten, unterschieden sich sowohl in ihrer musikalischen Klangvorstellung als auch in ihrer Musizierpraxis: Grundtonhörer spielten tendentiell lieber schwungvoll, virtuos oder rhythmisch betont, Obertonhörer interessierten sich mehr für zartere Klangfarbenänderungen, die Gestaltung einzelner Klangereignisse, einen weicheren Tonansatz, historische Aufführungspraxis oder die Hervorhebung von polyphonen Melodieverläufen.

Passt bei mir vollständig. Und wenn man den Test gemacht hat, ist es schon ein wenig gruselig, sich vorzustellen, dass manche Menschen Musik so vollkommen anders hören als man selbst. Dasselbe Tonmaterial, dieselben Frequenzen – aber zwei völlig unterschiedliche Interpretationen, von denen ich die Obertonvariante sogar bewusst nur mit Mühe hören kann. Ein großartiges Beispiel für den Konstruktivismus.

2 Kommentare

  1. Herr Rau

    Sagenhaft, danke. Habe noch nicht die Theorie drumrum gelesen, aber die Beispiel sind beeindrucken. Theoretisch wusste ich, was Obertöne und Obertongesang sind, aber so richtig kapiert hatte ich das nie.

    • Hokey

      Das geht mir recht ähnlich. Ich habe mir auch schon einmal Obertongesang angehört, fand das aber recht unspektakulär. Auf der Gitarre kann man Obertöne erzeugen, indem man den Grundton am Klingen hindert, aber das wirkt ganz anders als beim Obertongesang, sodass ich beim Hörbeispiel auch sehr beeindruckt war.

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