Isch 'abe gar kein Untertitel...

Kategorie: Religion (Seite 2 von 2)

Berlin zum Jahreswechsel

Zurück aus Berlin und gut ins neue Jahr gekommen. Am 30.12. jedoch vorher noch eine katholische Taufe besucht. Ich bin kein Freund der Kindstaufe und ehrlich gesagt auch kein Freund katholischer Gottesdienste, aber um des familiären Friedens Willens mache ich das alles ohne Diskussionen mit. Mir ist das alles sehr  fremd, dieses im Chor-Sprechen und Heilige anrufen und zwischendurch muss man sich auch die Hände schütteln. Noch verwirrender war allerdings, dass der regierende Bürgermeister Klaus Wowereit in der Kirche saß. Ich dachte immer, der hätte mit Kirche nicht so viel am Hut – und ich hätte ihn auch eher in einer Kirche zentraler in Berlin vermutet, wir waren nämlich etwas weiter außerhalb in Lichtenrade.

Nach der Taufe ging es dann zu einem sehr guten Italiener und dann gegenüber ins Cafe Riff. Letzteres ist ein Café mit integriertem Indoorspielplatz, sprich: einer Kletterburg, einer Hüpfburg, Bällepool und weiteren Spielgeräten. Ich fand’s ehrlich gesagt nicht so doll, weil es mir zu unorganisiert und schmuddelig war, aber die Berliner schien das nicht zu stören, der Laden war nämlich zum Bersten voll und einige saßen schon dort, als wir ankamen, und blieben auch noch, als wir einige Stunden später wieder gingen. Überhaupt finde ich, dass Berlin eine schmuddelige Stadt ist, leben möchte ich da nicht.

Das Jüdische Museum

Eine schönere Seite von Berlin ist das Jüdische Museum. Obwohl der Architekt Daniel Libeskind mit dem Museum architektonisch eher eine Narbe ins Stadtbild genäht hat, ist das Museum inhaltlich wie museumspädagogisch beeindruckend. Die Dauerausstellung des Museums ist ziemlich groß und gibt Einblick in zahlreiche Aspekte jüdischen Lebens, aber auch anderer Religionen. Die Inhalte werden sehr abwechlsungsreich und ansprechend dargeboten. Es gibt die klassische Texttafel, Audioguides, diverse Medienstationen oder auch die Möglichkeit, selber Hand anzulegen. Das Ivrit zu schreiben, kann man an ausgelegten Bögen üben, eine Synagoge kann man auf Holzklötzen nachbauen und wer auf seinem Rundgang das alte, unscheinbar wirkende Wählscheibentelefon bemerkt, der sollte es einfach mal abheben. Kurz: Man gibt sich wirklich alle Mühe, die umfangreiche Ausstellung abwechslungsreich zu gestalten.

VoidDabei regt die Möglichkeit zum Mitmachen tatsächlich zum Nachdenken an. Das ist ja in Museen oft intendiert, endet aber letztlich darin, dass man einfach nur irgendetwas antatscht oder Knöpfe drückt und abwartet, was passiert. Dass das im Jüdischen Museum gut funktioniert, wird besonders eindrücklich in der Ausstellung „Schachelet“ im Memory Void. Dort liegen auf den ersten Blick von weit oben lauter Filmrollen, die eine große Fläche bedecken. Erst später merkt man, dass es keine Filmrollen, sondern lauter gleichförmige, aus Eisenplatten geschnittene Gesichter mit wehklagenden Mündern sind. Der Weg zu diesen Gesichtern ist offen, jeder kann also die Ausstellung betreten und dort herumlaufen. Wenn man das tut, hallt der ganze Raum von den lauten Geräuschen, die das Betreten der Eisengesichter hervorruft. Und das hat schon eine starken symbolischen Gehalt. Nur wenige Besucher betreten die Ausstellung, und wenn es jemand tut, wirkt es schon rücksichtslos – nicht gegenüber dem Kunstwerk – sondern gegenüber den Gesichtern, die trotz ihres leidenden Ausdrucks mit Füßen getreten werden.

Damit der lange Museumsrundgang nicht in Stress ausartet, haben sich die Gestalter viele Möglichkeiten zur Entspannung ersonnen. Es gibt z.B. Stationen für Klappstühle, die man sich nehmen und überall aufstellen kann, oder Audiostationen, in denen man sich jüdischen Musikern zuwenden und gleichzeitig sehr gemütlich die Beine ausruhen kann. Zwischendurch liegen auch einfach riesengroße Kissen herum, auf denen einige Besucher tatsächlich zu schlafen schienen. Wer kulinarische Verköstigung benötigt, dem hilft man im großen und wirklich gemütlichen Café. Leider konnten wir die Ausstellung nicht ausgiebig genießen – mit drei Kindern im Gepäck ist man doch etwas gehandicapt. Wir werden aber wiederkommen, das steht fest.

Jüdisches Museum

Verhandlungssache Feigenblatt

Wenn ich den Tagesschausprecher da eben richtig verstanden habe, so hat das Land Hamburg mit „Muslimen“ einen Vertrag ausgehandelt, demzufolge diesen das Recht auf muslimische Feiertage eingeräumt wird (gefällt mir) und muslimischer Religionsunterricht an Hamburger Schulen eingeführt wird (immer noch besser als nur in irgendwelchen Hinterhöfen). Weniger gefiel mir die Aussage, dass es dem Vertrag gemäß zu den Pflichten der Muslime gehöre, die Gleichberechtigung von Mann und Frau anzuerkennen.

Ja, sapperlot, wo lebe ich denn hier? Seit wann ist „Gleichberechtigung“ Verhandlungssache oder Vertragsgegenstand? Darf man seine Mitmenschen etwa diskriminieren, solange man nicht persönlich einen Kirchenstaatsvertrag ausgehandelt hat? Dieses kümmerliche vertragliche Feigenblatt zur Besänftigung derjenigen, die sowieso wutentbrannt losheulen werden, hätte sich die SPD ruhig sparen können, sogar müssen. Gleichberechtigung ist keine Verhandlungssache.

Da bin ich mal auf weitere Reaktionen gespannt, die Kommentatoren schweigen (schreiben) noch. Die Schnittmenge der Kritiker eines Kirchenstaatsvertrages wird vermutlich recht hoch mit denen sein, die das Nichtsingen der Nathionalhymne beim Fußball bejammern. Auch so ein lächerliches Feigenblatt, so ’ne beknackte Hymne kann jeder Vollpfosten singen (und sich dazu sein Gesischt schwarz-rot-geil vollmalen), ohne sich auch nur im Geringsten diesem Land verbunden zu fühlen. Da sind mir Spieler, die nicht singen, allemal lieber, als inbrünstig Hymnen trällernde (Piep). Witzig auch, dass dann Vorstände wie Meyer-Vorfelder sich anmaßen, zu definieren, was ein ganzer Deutscher sei, denn wer die Hymne nicht mitsingt, tue so „als wäre er ein halber Deutscher“. Da hätten wir ja endlich mal eine trennscharfe Definition für „deutsch“! Nicht irgendwelche unklaren „Werte“, nicht die Sprache, nicht die Herkunft, nicht der Pass, nicht der Geburtsort oder irgendeine „deutsche“ Kultur… Nein… singen muss man können! Das ist auf keinen Fall verhandelbar.

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