Isch 'abe gar kein Untertitel...

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Auf dem Dorfplatz

Reist man mit Kindern, dann begibt es sich meist so, dass man ab einem gewissen Punkt schnell eine gastronomische Örtlichkeit anstreben muss, da sich dort eine Toilette, Getränke und eine Sitzgelegenheit zum Ausruhen der kurzen Beinchen befinden. So kommt es, dass die reisenden Eltern zumeist in Touri-Lokalen größerer Städte landen und dort mit Pommes und lokalen Spezialitäten aus der Tiefkühlabteilung des nächstgelegenen Großmarktes vorlieb nehmen müssen. Das Essen in diesen Lokalitäten ist ausnahmslos vollkommen und bis zur letzten Faser durchgegart, die frittierten Pommes wabbelig und die Fleischqualität annehmbar bis mies. Meiden. Immer.

AtsipopouloBedauerlicherweise wussten wir schon recht früh, dass sich im kleinen Städtchen (das so viele Einwohner wie meine Schule Schüler hat 😉 ) nur zwei Straßen weiter ein vielgelobter (danke liebe Vermieterin, danke lieber Reiseführer) Gastwirt befand, aber als Tourist hat man ja meist rastlose Pläne und so kamen wir erst recht spät dazu, dieses kleine Lokal, das nicht einmal einen nennenswerten Innenbereich oder gar ein Namensschild hat, aufzusuchen.  Als wir eines Abends jedoch am Dorfplatz vorbeispazierten, müssten wir zu unserem Bedauern feststellen, dass der Wirt seine Tische  erst ab 20 Uhr herausstellt, was nicht zu unserem von drei Kleinkindern geprägten Tagesrhythmus passte. Nachdem wir diesen langsam aber sicher den örtlichen Gepflogenheiten angepasst hatten, wagten wir mit den Kindern einen Besuch (ab 21.15 Uhr, normalerweise schläft Tochter² dann schon seit zwei Stunden) und durften dann für kleines Geld das leckerste Essen des ganzen Kreta-Urlaubs genießen.

EssenAm besten schmeckt es wie immer, wenn es einfach ist: Ein wenig gerührtes Ei mit Tomate, Souvlaki vom Schwein, vom Huhn und vom Lamm, ein einfacher griechischer Salat, eine kleine Schale Pommes Frites sowie Tsatsiki, geröstetes Brot und Pide – und schon sind acht Personen satt und zufrieden. Die Atmosphäre entspannt und gelöst, keine Spur von dem Gedränge der Restaurants am Hafen, keine aufdringlichen Anlockversuche seitens des Wirtes, keine Musik, schlicht ein Dorfplatz mit Tischen, Stühlen und vielen einheimischen Gästen. Und trotz der Abgelegenheit wurde es ab 21.00 Uhr schnell voll: Erwachsene trafen sich, Kinder spielten vor der orthodoxen Kirche, alte Frauen und Männer spazieren über den Dorfplatz, junge Mädchen schlendern durch die engen Gassen, in denen junge Männer auf Motorrollern ihnen imponieren wollen. Die Tische sind schnell belegt und alle Altersklassen sitzen gemeinsam am späten Abend beim Nachtmahl. Wirklich schön. Das hätte ich Zuhause auch gerne, doch leider ist es jetzt sogar im Juli schon zu kalt dafür.

Expertentipps – brauchbare und weniger brauchbare

Überall Fernseh-Experten, die mit ernster Miene darauf verweisen, dass man nun in Griechenland ernsthaft aufpassen müsse. Es könne eng werden mit dem Sprit, mit Importportgütern und besonders dem Bargeld. Und besonders auf den Inseln. Man kommt sich dann ziemlich blöd vor, wenn man vor lauter Panikmache mit Taschen voller Kleingeld nach Griechenland reist, und dann feststellt, dass all die Expertentipps für’n Eimer waren.

Lerne stattdessen Reiseführer schätzen. Da steht alles drin, mehr braucht man nicht. Haben uns einen zehn Jahre alten Kreta-Reiseführer aus der Stadtbibliothek ausgeliehen und nutzen den zur Orientierung und um auch „Geheimtipps“ zu finden. So geheim das eben sein kann, wenn der Tipp erstens in einem öffentlich käuflichen Reiseführer steht und dazu noch zehn Jahre auf dem Buckel hat. Doch erstaunlicherweise funktioniert das mit den Geheimtipps ganz großartig.

Gleich am dritten Tag versuchten wir es mit einem angeblich supertollen Strand, riskierten eine Stunde Fahrt und einspurige Gebirgsstraßen mit einem klapprigen Nissan Micra, um am Ende am schönsten, leersten und saubersten Strand Kretas zu landen:

Strand von Triopetra
Der Reiseführer lag goldrichtig. Den Strand machte alles aus, was man sich unter einem Geheimtipp so vorstellt: Die Anfahrt etwas mühsamer, aber zur Belohnung wenig Menschen, absolut klares Wasser, feiner Sand und eine sehr freundliche Gastronomie. Keine einzige Klimbim-Bude mit Strohhüten und Badelatschen. Einfach nur ein Strand mit einer Taverne. Danke, lieber zehn Jahre alter Reiseführer! (Und wenn ihr mal auf Kreta seid, dann fahrt doch mal selbst an den Strand von Triopetra. Schaut nur vorher im Wetterbericht, wieviel Wind angekündigt ist, denn bei Wind – das erfuhren wir erst später am eigenen Leib – wird es dort schnell ungemütlich.)

Nachtrag zum Autofahren

Der Vollständigkeit halber ein kurzer Nachtrag zum Autofahren: Größere Städte und insbesondere Parkhäuser sind des schnellen Herzinfarktes Freund!  Das Halten unter Warnblinklicht auf der Hauptverkehrsstraße in der zweiten Reihe ist in Chania anscheinend nichts Ungewöhnliches und die Motorrollerfahrer geben ihr Bestes, um ihren autofahrenden Genossen den Schweiß auf die Stirn zu treiben. 

  Doch das Halten in zweiter Reihe wird nicht nur auf den Straßen Chanias praktiziert. Nachdem wir uns vor Freude weinend beglückwünschten, tatsächlich ein Parkhaus gefunden zu haben, wurde meine Klaustrophobie auf die Probe gestellt: Selbst im finstersten Parkhaus Bielefelds habe ich nicht so dunkle und enge Parknischen gesehen, wie hier, wo zwei Mitarbeiter unermüdlich über alle vier Ebenen flitzten und dafür Sorge trugen, dass alle einfahrenden Autos auch einen Platz bekamen, in welchen sie den Fahrer dann netterweise auch gleich einwiesen.  Ob die sich im Fahrzeug befindlichen Personen dann auch genug Platz zum Aussteigen hatten, ist mir nicht bekannt, denn wir hatten das Glück, einen der seltenen geräumigen Parkplätze zu bekommen. Während unserer Fahrt von Stockwerk 1 in Stockwerk 4 wurden wir allerdings Zeugen des mehrfach praktizierten „In-der-zweiten-Reihe-Parkens“ – im Parkhaus

Erstaunlich ist auch die Ungeduld der hiesigen Autofahrer. Scheint im Alltag alles einen eher ruhigen Gang zu gehen, so kennen die Kreter kein Halten mehr, sobald sie im Auto sitzen. Da wird gehupt, kaum dass die Ampel auf Grün gesprungen ist und falls das mit dem Überholen nicht so klappt wie gewünscht, dann kann es passieren, dass auch mehrere Fahrzeuge in dritter Reihe überholt werden. 

Alle irre.

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