Isch 'abe gar kein Untertitel...

Schlagwort: terror

Kommune Angst

Mit einem wunderbaren Symbolfoto hat die Süddeutsche heute einen Kommentar Heribert Prantls geschmückt. Man sieht fünf an eine Wand gestellte Menschen, deren Anordnung den Beobachter unwillkürlich an das bekannte Foto der Kommune 1 erinnert. Auch wenn die bürgerlichen Hasenherzen angesichts der allgegenwärtig gemachten Terrormöglichkeit noch weit entfernt davon sind, alte Familienstrukturen aufzubrechen, so scheint diese Parallele der furchtsam nacktgescannten Menschen zur Kommune 1 doch passend.

Ja, das haben wir verdient, wir Spießbürger, wir Memmen, wir Mitglieder der Kommune Angst. Wir haben es verpasst, dem totalen Sicherheitsfanatismus unserer Politiker die Stirn zu bieten, wir haben Schily und Schäuble walten lassen, haben uns bei jedem Terroranschlag in tausenden Kilometern Entfernung vor Angst brav die Hosen benässt, haben weiterhin den billigen Hetzblättern unser immer weniger Wert zählendes Geld in den Rachen geworfe, machen gehorsam jedes Jahr am 11.9. bedröppelte Mienen und erinnern uns daran, dass wir uns noch daran erinnern können, den ganzen Tag Fernsehen geguckt zu haben.

Und jetzt sind wir nackt. Endgültig. Lassen uns das letzte Hemd herunterreißen und müssen bald mehr Schwanz und Titten zeigen, als jede schäbige BigBrother-Show es uns je abverlangt hätte. Binnen weniger Jahre hat Osama bin Laden dem Rechtsstaat die Hosen runtergezogen und wir stehen einfach nur dabei und staunen, wir die Kommune der Entwürdigten.

Die Kommune 1 hat sich freiwillig an die Wand gestellt, ist freiwillig fotografiert worden. Wir hingegen werden an die Wand gestellt, freier Wille zählt nicht mehr, aus jedem Bürger wird ein potentieller Osama, den man abhören, belauschen, bespitzeln und seiner allerletzten Privatsphäre berauben muss.

Prosit Neujahr, ich freue mich auf 2010! Schlimmer kann’s ja nicht mehr werden!

Mehr!

Oh Mann, diese Sicherheits-Apparate sind so berechenbar. Kaum schafft es unter Abermillionen Fluggästen ein einziger, einen Sprengsatz in ein Flugzeug zu schmuggeln, schon wird nach mehr Nacktscannern geschrieen, mehr Leibesvisitationen gefordert und jeder Fluggast zum Terroristen gestempelt. Witzig auch die Forderung, dass Gäste nun eine Stunde vor Landung nicht mehr aufstehen sollen dürfen. Ja klar, das wird einen Selbstmordattentäter ganz sicherlich von seinem Vorhaben abhalten, denn ganz gewiss wird der brav sitzenbleiben und mit zugekniffenen Äuglein beten, dass seine Blase bald nicht mehr so drückt.

Noch drei mehr von der Sorte und wir werden bald alle nackt fliegen. Oder Selbstschussanlagen in den Flugzeugen eingebaut haben. Wer sich rührt, wird abgeknallt. Total sicher wäre auch eine Vollnarkose vor jedem Flug, da rührt sich dann nix mehr.

Kommt der Terror auch zu uns?

Da schlag ich die Zeitung auf und sitze wie vom Donner gerührt! „Kommt der Terror jetzt zu uns?“ schlagzeilt man auf der Titelseite der Samstagsausgabe unseres Bielefelder Käseblatts. Potztausend! Zu uns? Hier? Nach Deutschland? Wie jetzt!?

Hatte man denn die Soladten nicht zur Verteidigung Deutschlands am Hindukusch ausgesandt? Eben damit der Terror nicht „zu uns“ kommt? Und jetzt kommt der Terror doch, oder wie? Oder was? „Angst vor Rache“ ist die Schlagzeile untertitelt – also kommen die Terroristen jetzt zu uns, eben weil der Struck uns retten wollte vorm Terror! Das nenne ich saubere Arbeit, Herr Struck!

Anstatt Deutschland am Hindukusch zu verteidigen, hat man Deutschland also erst am Hindukusch zum Ziel terroristischer Racheakte gemacht. Bärendienst nennt man sowas. Dummheit könnte man auch sagen. Immerhin haben es die Rekruten geschnallt, denn die haben keine Lust mehr, ihr Leben sinnlos für eine self fulfilling prophecy am Hindukusch auszuhauchen.

Ach und ein dickes Lob auch an das Bielefelder Käseblatt, dass seine Bildzeitungs-Panik-Schlagzeile mit einer Aussage August Hannings aus dem Februar begründet. Das ist echter Super-Journalismus, mit der Masche könnt ihr quasi jeden Tag so tödlich titeln.

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