Isch 'abe gar kein Untertitel...

Schlagwort: Überwachungsstaat (Seite 1 von 2)

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Dem britischen Geheimdienst GCHQ scheint der Arsch gehörig auf Grundeis zu gehen, wenn man sich anschaut, was in den letzten beiden Tag über dessen enorm aggressives Vorgehen herausgekommen ist. Zunächst hält man Glenn Greenwalds Freund David Miranda neun Stunden am Flughafen fest und entwendet alle seine Datenträger. Tags darauf berichtet der Chefredakteur des Guardian, dass er schon im Juni unter Aufsicht zweier Geheimdienstler die Festplatten mit den Snowden-Daten vernichten musste. Der Missbrauch der sogenannten Anti-Terror-Gesetze verwundert niemanden mehr. Leider interessiert es offensichtlich auch niemanden.

Postdemokratie

Dabei stellt sich spätestens jetzt, wenn die Pressefreiheit derart massiv bedroht wird und Pressevertreter eingeschüchtert werden, die Frage wie Europa es mit der Demokratie hält. Bestellt die Bundesregierung nun den britischen Botschafter ein und stellt ihm ein paar ernste Fragen zu seinem Demokratieverständnis und dem Verhältnis der britischen Regierung zur Pressefreiheit? Dass ich nicht lache. Nicht einmal die hiesige Presse fordert, dass Angela Merkel sich mit David Cameron über derartige Themen austauscht, dafür sind die Briten dann doch zu sehr „Freund“, das wäre vermutlich unschicklich.
Hans Magnus Enzensberger sieht uns in der Postdemokratie angekommen. Und ich bin mittlerweile auch so weit. Keine Debatten nirgends, alles wird für beendet erklärt, wird als alternativlos dargestellt, die Opposition ist nicht nur scheintot, sie ist mausetot.

In meiner direkten Umgebung… interessiert das niemanden. Schon gehört, die Kartoffelpreise sind gestiegen. Haste das von der Obergföll gesehen? Und die Hochspringer haben auch endlich Gold geholt gegen diesen arroganten Franzosen.

Und in England?

Konsequenzen für die Bundestagswahl

Ix verweist mit guten Argumenten darauf, dass man letztlich nur den Piraten seine Stimme geben könne, wenn man sie nicht verschenken und ein Zeichen gegen die Vorratsdatenspeicherung und die totale Überwachung setzen will. Aber will ich meine Stimme eine Partei geben, deren Mitglieder sich durch nichts anderes als Charakterschwäche hervortun? Ich kann es den Piraten nicht abnehmen, dass sie sich anders verhalten würden als die Mitglieder der anderen Parteien. Schaut euch doch so ’ne Type wie Christopher Lauer an. Der könnte ebenso gut als launiger FDP-Kandidat antreten, ist nun aber zufällig bei den Piraten gelandet. Sollen die wirklich glaubwürdiger sein? Oder sind sie lediglich für die Generation der 20 – 30-Jährigen die leichter greifbare Option, dazu als Partei noch leichter formbar als die starren etablierten Parteien, die eine langatmige Parteikarriere einfordern?
Ich weiß es nicht. Ich habe die Schnauze voll. Vielleicht doch klarmachen zum ändern?

Tee trinken

Auf jeden Fall sind nun Glenn Greenwald und der Guardian am Zug. Wir dürfen gespannt sein, was sie aus den Snowden-Daten noch herausholen werden. Schlimmer kann’s ja nicht mehr kommen.

Oder?

Moralisches Kapital

Es galt ja lange Zeit so einiges als ausgemacht. Wir verkörperten Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und standen für die internationale Behauptung der Menschenrechte. Wir standen für Fairness, im Rechtswesen wie im Sport. Wir waren die Guten. Doch damit ist jetzt Schluss.

Denn mittlerweile müssen wir uns mit einigen bitteren Wahrheiten abfinden: Wir leben in einem erodierenden Rechtsstaat. Alle Bundesbürger werden flächendeckend in maximaler Bandbreite ausgehorcht, ausspioniert und nackt gemacht. Die ersten Menschen dieses Landes ergeben sich darin kraftlos. Ein ehemaliger Verfassungsrichter bejammert öffentlich die Machtlosigkeit der Politik, wo er besser deren Saft- und Tatenlosigkeit anprangern sollte. Doch die Regierung liefert offensichtlich lieber den amerikanischen Kollegen Schützenhilfe, weil das bequemer ist, als selbst aktiv zu werden und weil wegzuschauen immer noch einfacher ist als zu widersprechen.

Und dann das: Auch in der BRD wurde jahrzehntelang systematisch gedopt. Dabei war doch gerade das Doping immer das, was uns von denen im Osten unterscheiden sollte. Die fairen Westsportler gegen die aufgeputschten Dopingmonster aus dem Osten. Doch nichts bleibt von diesem Mythos, außer Lug und Trug. All die medaillenbehangenen Supermänner und -frauen waren nichts als aufgeblasene Heißluftballons, Betrüger und Halunken, während die wahren Sieger irgendwo auf den hinteren Rängen landeten.

Was bleibt ist Ent-Täuschung. Unser moralisches Kapital gegenüber den Schurken schmilzt nicht nur, es kann nicht einmal aufgebraucht sein, es war augenscheinlich nie vorhanden. Dass alle Fäden (auch zum Doping) im Bundesinnenministerium zusammenlaufen, ist hoffentlich ein schlechter Witz. Ansonsten müsste man den Laden vorläufig einfach mal dichtmachen und neu strukturieren. Oder umbenennen. Vorschlag: Bundeministerium für organisierte Kriminalität und Vernichtung von moralischem Kapital.

Friedrich, Haltung annehmen!

Friedrich, Grundkenntnisse auffrischen! In Ihrer Partei schwafelt man doch sonst so gerne von „Grundwerten“ und hält das
Nationale so gerne hoch. Man singt auf Parteiveranstaltungen das Lied der Deutschen und dann salbadern sie solch ein zähes Zeug:

Herkömmlicher Datenschutz, durch nationale Gesetze organisiert, stößt an seine Grenzen“, sagte der CSU-Politiker. „Die Zeiten des Biedermeier sind vorbei.“ Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, wie es das Verfassungsgericht im Volkszählungsurteil festgehalten habe, sei „eine Idylle aus vergangenen Zeiten“. (taz)

Ja, haben Sie denn in Geschichte gar nichts gelernt? Fallersleben dichtete ihr Lieblingsliedchen 1841 zur Zeit des Biedermeier. Das kommt nicht von ungefähr, Friedrich. Denn das Nationale, den deutschen Nationalstaat, den gab es damals noch gar nicht, das hätten die Fortschrittlichen damals nur gerne gehabt. Man versprach sich davon nämlich mehr Einigkeit, mehr Recht, mehr Freiheit. Aber da war auch das System Metternich als Reaktion auf die freiheitlichen Ideen der Aufklärung und die Französische Revolution, da war der Polizeistaat, da war Bespitzelung, da war brutale Unterdrückung der Rede- und Pressefreiheit! Deshalb zogen sich die Menschen ins Biedermeierliche zurück und hielten lieber still, anstatt den Schergen des Obrigkeitsstaates in die dreckigen Hände zu fallen und gefoltert zu werden. Mensch, Friedrich, überlegen Sie doch mal! Die Historie endet nicht bei Adenauer!

Und diese furchtbare Zeit des Biedermeier dämmert uns gerade aufs Neue, und Sie haben ihre Hände im Spiel, Friedrich. Sie sind einer der neuen Metternichs. Sie reden mit den neuen Foltermeistern. Aber: Sie können etwas verändern!

Vorschlag, Friedrich:

  • Treten Sie den neuen Foltermeistern in den Arsch! Und wenn es nur symbolisch ist!
  • Gewähren Sie Edward Snowden politisches Asyl – und ignorieren Sie Auslieferungsverträge. Mann, die nehmen Sie doch gar nicht ernst! Zeigen Sie denen, was ’ne Harke ist.
  • Sorgen Sie dafür, dass jeder Bundesbürger die kostenfreie Möglichkeit einer sicheren Ende-zu-Ende-Verschlüsselung seiner E-Mails geboten bekommt!
  • Unterlassen Sie und Ihre Kabinettskollegen es, das Internet als Hort der Kinderschänder und Raubkopierer darzustellen: Sorgen Sie lieber dafür, dass die Menschen dieses Landes ordentlich über die wirklichen
    Gefahrenpunkte (unsichere HTTP-Verbindungen, Phishing, Trojaner, Viren, Cloud-Dienste, soziale Netzwerke) aufgeklärt werden.
  • Starten Sie eine Kampagne und klären Sie auch die nicht computeraffinen Bürger dieses Landes über
    Verschlüsselung auf.
  • Lassen Sie mal mehr Beamte Streife laufen, statt auf Facebook freiheitsliebende Bürger zu stalken. Bei einem Bekannten wurde erst letzte Woche am hellichten Tag eingebrochen.

Und entwickeln Sie mal endlich eine eigene Haltung, Friedrich. Das ist ja nicht mehr mitanzusehen!

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