Puh, da ist ja mal wieder ein Fass im Sommerloch geöffnet worden. Es ist prinzipiell so simpel, und war schon bei den Asi-Talkshows besonders beliebt: Gewähre zwei gegensätzlich gepolten Positionen genug Raum, um aufeinander einzudreschen und sie werden es tun. Was in den Talkshows mit Themen wie „Natürliche Schönheit vs. Brust-OP“, „Landmensch vs. Stadtmensch“ oder „Hartz IV vs. Alle-Arbeitslosen-sind-faul“ funktionierte, gelingt natürlich auch im politischen Diskurs. Hier reicht schon die Konstellation „Hipper Veggie vs. archaischen Fleischfresser“ und die Kombattanten dreschen wie wild aufeinander ein. Ich bin zwar schon reichlich spät, dresche aber natürlich gerne mit!

Gesundheit

Jajaja. Vegetarisch ist ja so gesund. Aber, und das ist der entscheidende Punkt, Fleisch ist nicht ungesund. Fleisch macht weder krank, noch dick, noch dumm. Wie bei allen Lebensmitteln kommt es auf die Dosis an, ich erinnere an die gute Frau, die sich mit sieben Litern Wasser totgesoffen hat.
Gesundheitlich problematisch ist nicht das Fleisch, problematisch sind nach meiner bescheidenen Kenntnis (zu viel) Fett, Zucker und Salz. Wenn ich meine Pommes (voll veggie!) schön in überheißem (Pflanzen!-)Fett frittiere und sie dann noch mit einer hübschen Salzschicht überziehe, will ich den Ernährungsberater (respektive den Kardiologen) sehen, der ein mageres Steak für ungesünder hält. Umgekehrt ist dauerhaft auch die übersalzene Salamipizza oder die gepökelte, fetttriefend Wurst natürlich Gift für den Körper. Auf die Zubereitung kommt es an, auf mehr Bewusstheit beim Essen und nicht darauf, ob man „Veggie“ oder „Fleischi“ ist. Anthropologen und Archäologen wissen schon lange, dass Menschen mit beiden Konzepten bis zur Erfindung des Vegetarismus gut zurecht gekommen sind. Sowohl sich nahezu rein pflanzlich ernährende Völker als auch fast ausschließlich nur Fleisch verzehrende Kulturen schaffen es sehr gut, in ziemlich lebensfeindlichen Lebensräumen zu überleben.

Umweltschutz, CO² und Methan

Ein anderes Argument sind die furzenden Kühe sowie der Wasserverbrauch pro Kilo Fleisch, und in meinen Augen sind das die einzig schlagkräftigen Argumente für einen vegetarischen Kantinentag. Tanja Dückers hat dazu in der Zeit schon alles Vernünftige gesagt, das sollte man gelesen haben. Aber wenn schon Veggie, dann zwinge man die Kantine bitte auch dazu, Produkte aus der Region zu verwenden und auf den Apfel aus Chile oder Bananen aus den Tropen zu verzichten. Denn wenn mein exotischer Nachtisch oder mein stylischer Salat erst per Flugzeug um die halbe Welt geflogen werden muss, dann verzehre ich doch lieber das Steak der Kuh aus dem Nachbardorf.

Reichweite?

Nun fragt sich, ob das schon einmal jemand durchgerechnet hat? Wieviele Esser in den Kantinen wirklich essen, wieviele von denen sowieso schon das vegetarische Essen bevorzugen und wieviele doch lieber am Veggie-Tag die Pommesschmiede nebenan besuchen würden? Wenn ich ’ne Pommesbude hätte, würde ich mein Döner am Veggie-Tag der Nachbarskantine zum „Veggie-Tarif“ anbieten.
Wenn dann am Ende der Rechnung nur ein jämmerliches Häuflein bevormundeter Kantinenesser lustlos in der Gemüsefrikadelle stochtert, dann war es die ganze Aufregung doch gar nicht wert und bestenfalls ein Schuss in den grünen Ofen. Wahlkämpfe gewinnt man nicht durch drohenden Genussentzug. Macht den Menschen doch lieber regionales Essen schmackhaft, fördert kleine Bauernmärkte oder schafft Bewusstsein für Saisongemüse.

Insektentag in der Kantine

Darüber hinaus sollte man zusätzlich noch einen Insektentag in den Kantinen einführen: Insekten sind schmack- und nahrhaft sowie in Massen vorhanden. Sie benötigen nur einen Bruchteil an Landfläche wie Säugetiere und sind effizienterer Nahrungsmittelproduzenten. Man muss sie nicht eklig ausbluten lassen oder in Apparaten töten und sie furzen vorher auch nicht sinnlos in der Gegend herum. Die UNO fordert eine Ernährung mittels Insekten schon lange, nun könnten wir es doch endlich in den Kantinen umsetzen. Rein rational sprechen ja alle Argumente für die Krabbeltierchen.