Aus jetzt! Schluss! Keine geschmacklosen Projekt-1,8-Witze mehr! Keine demütigenden Vergleiche mit der Tierschutz-Partei! So ist nun mal das Wahlergebnis – der Wähler hat der FDP eben einen eindeutigen Auftrag gegeben: Auflösung. Auflösung der inkompetenten FDP-Spitze, Auflösung der aktuellen Bundesregierung, Auflösung überkommener Vorstellungen und abgestandener Wahlkampfparolen, die sich seit 11 Jahren nicht geändert haben.

Eine Eins vor dem Komma ist mehr als eine Demütigung, es ist vielmehr ein Signal, dass man die Mövenpick-Partei nicht mehr in Talkshows einladen sollte, ohne auch gleich einen Anhänger der Tierschutzpartei daneben zu setzen. Mit denen darf sich Christian Lindner dann verbale Schlagabtäusche liefern, dass die Bude nur so kracht – auf Augenhöhe.

Stattdessen haben die Wähler sich dafür entschieden, einer Partei ihre Stimme zu geben, die das alte Feld der Bürgerrechte fleißiger beackert als die Neo-Emporkömmlinge, die möchtegern-dynamischen Smarties der FDP: Der Piratenpartei.

Dazu mag man stehen, wie man will. Es ist schon peinlich, wenn deren Parteivorsitzender die aktuellen Schuldenwerte seiner Stadt nicht kennt; die Pressekonferenz war schon etwas… hmm… improvisiert, um es nett zu formulieren (Frei zitiert: „Ich grüße meine Mutti, meine Oma und danke allen, die das möglich gemacht haben…“), und manche Inhalte Wünsche scheinen einem Wunschzettel für in der Pubertät steckengebliebene Mitt-Zwanziger entnommen zu sein („Lieber Weihnachtsmann, bitte gib‘ das Cannabis frei und sorge dafür, dass ich beim Schwarzfahren nicht erwischt werde…“). ABER: Welche Partei setzt nach 9/11 wirklich auf Bürgerrechte, informationelle Selbstbestimmung oder beschäftigt sich offen und öffentlich mit Themen wie Patentrechten, Open Access oder dem Urheberrecht?

Ich halte es für nicht allzu abwegig, dass exakt solche Themen die Politik in der Zukunft beschäftigen werden und dass – ähnlich wie bei den Grünen – das Erstarken der Themen zu einem Erstarken der Partei führen wird. Mit allen Konsequenzen, die das für die hiesige Politik und die Piratenpartei haben mag. Bei allen Vorbehalten – ich fänd’s spannend!