Es gab da vor einem Jahr diesen Hype um ein Multieffektgerät / Ampsimulator von Line 6 namens „Helix“. Das Rundumsorglospaket kostet neu 1500 Euro und simuliert einen Haufen Verstärker, Effekte, Boxen und Mikrofone, ist mit zig Anschlüssen für alle möglichen Verkabelungen ausgerüstet und kann sowohl direkt in Gitarrenboxen, FRFR-Boxen oder Mischpulte gespielt werden. Die Bedienung soll dabei äußerst simpel sein, wie auch immer bei YouTube gibt es massenweise Demos dazu.

Line 6 setzt ausschließlich auf das Modeling von Komponenten, was bedeutet, dass die Jungs und Mädels sehr viel Software und Daten auf ihren Rechnern diesbezüglich herumliegen haben müssten. Ich habe mich schon immer gefragt, warum sie die nicht einfach als Plugin herausbringen und zum Download anbieten, so wie all die vielen anderen Anbieter von Modeling-Lösungen – und endlich haben sie es getan! Mit Line 6 Helix Native gibt es nun eine Plugin-Lösung, die man in seine DAW (ein digitales Aufnahmestudio wie GarageBand) einbinden kann. Zwar kostet die Software stolze 400€, doch da es eine 15-tägige Testversion gibt, habe ich mal zugegriffen und ausprobiert, ob sie die wesentlich günstigere Konkurrenz von Positive Grid schlagen kann.

Clean

Die folgende Datei spielt immer abwechselnd einmal dasselbe Soundsample, zunächst mit dem Fender Twin Model von Helix und danach mit einem ähnlichen Modell von Bias FX:

Mir gefällt hier tatsächlich die Helix-Variante besser, da sie etwas luftiger und weniger schrill klingt als die Bias-FX-Version. Mit etwas Nachregeln wäre das aber kein größeres Problem. Achtet man auf das Bild des Equalizers, so stellt man fest, dass Helix Native ein größeres Frequenzspektrum abbildet, während sich das Spektrum von Bias FX eher mager darstellt.

Crunch

Rhythmus

Für Crunch-Sounds habe ich bei beiden Modelern auf das Modell zurückgegriffen, das einen Marshall JCM-800 imitiert. Damit der Sound des Riffs dem Original nahe kommt, habe ich jeweils noch einen TubeScreamer davorgesetzt und diesmal in getrennten Dateien hochgeladen. Zu Beginn des Files hört man gehaltene Akkorde, im zweiten Teil ein Riff auf den Basssaiten und dasselbe Riff dann später abgedämpft, sodass man die Reaktion auf verschiedene Sounds der Gitarre vergleichen kann:

Hier finde ich wiederum das Bias-Modell etwas gelungener, weil es gerade bei den Akkorden am Anfang nicht so komprimiert klingt wie das Helix Native. Das wiederum ist stärker, wenn es in das Riff und die Verzerrung geht. Wie das Ganze wohl mit einem originalen Marshall JCM-800 klänge? Die Chancen stehen nicht schlecht, dass das Original („Slither“ von Velvet Revolver) mit einem aufgenommen wurde, allerdings könnte da auch eine Menge Studio-Hexenwerk drinstecken…

Solo

Immer nur Rhythmus, dafür wurden Gitarren nicht erfunden, drum müssen beide PlugIns sich auch dem Solo-Test stellen. Wieder muss der Marshall JCM-800 als Grundlage herhalten, diesmal geht es jedoch musikalisch in eine leicht andere Richtung. Beide Amps werden zusätzlich von einem Klon geboostet.

(Leute, war das bitter aufzunehmen. Aufnahmen sind ja gnadenlos. Wenn man das zum Playback vor sich hin nudelt, wirkt alles ganz leicht und cool, aber wehe, man hört sich selbst. Die gezogenen Töne richtig zu treffen, das ist dann wohl doch schwerer als gedacht…)

Wie auch immer: auch hier sehe ich das Helix-Plugin vorne, weil es wieder weniger harsch und etwas weicher klingt.

Heavy

Ebenfalls in beiden Modelern vertreten ist der berühmte 5150 von Peavey, berühmt gemacht durch Eddie Van Halen. Beide Plugins etwa gleich eingestellt, dasselbe Soundsample drüberlaufen lassen. Zuerst hört man das Helix-Plugin, dann das Bias-FX-Plugin:

Ein deutlicher Unterschied, wie ich finde. Die Bias-FX-Variante klingt muffig und wie unter einer Decke, während die Helix-Variante viel offener und im Spektrum viel breiter klingt. Da neben dem 5150 auch der Mesa Boogie Rectifier ein beliebtes Modell ist, habe ich dessen Vergleich gleich mal mit demselben Soundsample nachgeschoben (muss man ja nur austauschen, sind sechs Klicks!):

Ein ganz ähnliches Bild wie beim 5150, finde ich, das Helix-Plugin wirkt viel breiter und durchsetzungsfähiger.

Fazit

Mir gefällt das Helix tatsächlich etwas besser. Ob das den etwa achtfach höheren Preis rechtfertigt, muss jeder selbst entscheiden. Das Helix Floorboard ist im Preis gerade ordentlich gefallen (statt, wie zu Beginn des Beitrags bei 1500 Euro, liegt es nun bei 1100 Euro). Mir reicht erst einmal das, was ich so habe, wie man hört, sollte ich lieber erst einmal Zeit in Spieltechnik investieren als in Teuertechnik. 😉