Isch 'abe gar kein Untertitel...

Grußworte

Ob es am inflationären Gebrauch in E-Mails und SMS liegt, aber moderne Grußworte verwirren mich zunehmend.

Ich persönlich habe da so meine "Hierarchie": ein lockeres "Ciao" für Freunde und gute Bekannte, je nach Bedarf "viele" oder "herzliche Grüße" für nette Menschen, mit denen ich ansonsten nur peripher zu tun habe und "freundliche Grüße" für mir unbekannte anonyme Personen irgendwo hinter einem Schreibtisch einer Versicherung oder ähnlichen Institutionen. Wenn es ganz dicke kommt, schreibe ich auch gerne mal "grußlos" drunter, musste ich aber bisher nur einmal machen. Das ist recht überschaubar und ich achte peinlich darauf, den rechten Gruß an die rechte Person zu schicken.

In letzter Zeit allerdings verwirren mich die Grüße der nachrückenden Generation SMS. Da werde ich als recht unbekannte Person (bei mir Abteilung "viele Grüße") gemeinsam mit anderen mit "lieben Grüßen" bedacht, was auf meiner Grußskala noch eine Stufe persönlicher ausfallen würde als "herzliche Grüße" oder "Ciao". Liebe Grüße würde ich eben nur einer sehr lieben Person zukommen lassen und niemals einer Masse an Empfängern, oder etwa weil es hübscher klingt. Das ist widersinnig. Die Verwirrung lässt sich aber noch steigern.

Nicht selten kommt es nämlich vor, dass die "lieben Grüße" dann verakronymt werden. "lg" heißt es dann. "iebe" und "rüße" werden einfach wegrationalisiert, verbannt und aus Faulheit gespart. Das fühlt sich dann an wie einer dieser dahingehauchten Händedrücke, bei denen man nur die feuchten Fingerspitzen zu fassen bekommt. Wenn ich jemandem "liebe Grüße" übermittle, dann und zwar gerade dann, zerhäcksele ich meinen lieben Gruß doch nicht in kleinstmögliche Stückchen, oder? Ich fühle mich dann immer ein bisschen verschaukelt, aber vielleicht bin ich ja auch nur altmodisch…

4 Kommentare

  1. Tanja

    Eine sehr nützliche Zusammenfassung. Ich habe festgestellt, dass die Unterschiede nicht nur zwischen Generationen sondern auch zwischen Regionen sehr fein sind. Die „lieben Grüsse“ braucht man in Bern schon relativ schnell, die „herzlichen“ nur für die Engsten. Die Zürcher hingegen kennen die „lieben Grüsse“ nur für wahre Geliebte, die „herzlichen“ brauchen sie aber eher inflationär.

    Ein weiterer Beweis, dass der Mensch der Globalisierung nicht immer gewachsen ist. Denn ein E-Mail sagt nicht per se etwas über Region oder Generation.

  2. SoWhy

    „lg“ schreib ich auch hin und wieder, nämlich dann, wenn ausschreiben mich auf ne neue SMS bringt wg der Zeichenzahl. Ansonsten versuch ich auch das auszuschreiben =)

  3. Hokey

    Hallo Tanja! Zumindest ein Beweis, dass [b]ich[/b] der Globalisierung nicht mehr gewachsen bin. 😉

    Aber dank deines Kommentars kann ich ja jetzt mit ungewohnten Grüßen besser umgehen.

    Dass regionale Unterschiede der Grund sein könnten, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ich kenne hier einen Baden-Württemberger, der sich immer über die mangelnde Herzlichkeit von uns Westfalen beklagt – vielleicht tappt der in die gleiche Falle und die „sturen Westfalen“ sind genauso herzlich, aber drücken es nur anders aus.

  4. Hokey

    In SMS finde ich das auch gar nicht schlimm. Nach Tanjas Post sowieso nicht mehr.

    Obwohl: Bedeutet „fg“ dann „freundliche Grüße“ oder „frech grins“ ? 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

© 2024 Hokeys Blog

Theme von Anders NorénHoch ↑