Ich kann es nicht mehr lesen. Andauernd versuchen irgendwelche Journalisten Blogs entweder in Stellung gegen den klassischen Journalismus zu bringen oder qualifizieren selbige unter Anwendung journalistischer Kriterien mit über allem erhabenem Journalisten-Näschen ab.

Die vorgebrachten Argumente sind, trotz der Neuartigkeit des Phänomens Blog, schon altbekannt und oft wiedergekäut. Objektivität vs. Subjektivität, Qualität vs. Quantität, gewissenhafte Recherche vs. Geschwindigkeit, Professionalität vs. Authentizität. Für die Konservativen unter den Journalisten ist die Sache glasklar: Blogs sind  keine ernstzunehmende Konkurrenz, ihre Autoren sind unprofessionelle Pickelgesichter, die weder Qualität noch Quantität in angemessener Weise hervorzubringen vermögen. Blogs sind etwas für’s Privatvergnügen, für Pseudojournalisten, für Möchtegerns, die es nicht geschafft haben und nie schaffen werden.

Aber genau dieser gebetsmühlenartig wiedergekäute Futterbrei beweist, dass den Journalisten zur Zeit der Angstschweiß in dicken Tropfen von der Stirn rinnt. Richten wir mal einen Blick auf das weitere publizierende Gewerbe, also auf die Schriftsteller oder die Wissenschaftler. Hören wir diese ob der Blogs jammern? Hat auch nur ein Wissenschaftler (abgesehen von Kommunikationswissenschaftlern) sich je dazu bemüßigt gefühlt, sich gegen Blogs wehren zu müssen? Oder ein Schriftsteller? In keiner Weise, die einzigen, die ewig nölen, sind die Journalisten. Und liefern damit das beste Indiz, wie sehr ihnen die Blogs Kopfschmerzen bereiten.

Als Blogger fragt man sich bisweilen, warum die klassischen Medien so einen Bohei um die Blogs machen, wenn sie so bedeutungslos sein sollen. Besonders fragt man sich, warum Journalisten überhaupt auf Blogs eindreschen, wo tatsächlich nur der kleinste Teil der kleinen Blogosphäre sich mit Themen beschäftigt, die sich mit denen des klassischen Journalismus überschneiden. Die meisten Blogger kommentieren ihren Tagesablauf oder liefern Katzen-Content, aber keiner von ihnen würde sich als "Journalist" oder sein Blog als "journalistisch" beschreiben. Dieses unterstellen nur Journalisten, ich hingegen unterstelle diesen, gemessen an ihren Reaktionen, panische Angst vor den neuen strukturellen Anforderungen einer vernetzten Gesellschaft. Anforderungen, die die Blogs nahezu in Perfektion verkörpern. Nicht die Qualität oder der Inhalt der Blogs macht dem konservativen Journalismus den Garaus, das Verschlafen der vernetzten Kultur wird ihm sein langsames Ende bereiten.

Bestes Beispiel dafür gab kürzlich Bildblogger Stefan Niggemeier von der FAS. Während das Printblatt in seinem Internetauftritt 1,50€ für den Niggemeier-Artikel verlangte, hatten zahlreiche Leser denselben Artikel schon kostenlos bei Niggemeier gelesen und diskutiert. Erst darauf stellte dann auch die lahme Ente FAZ den Artikel kostenlos online. Bis dahin war die Diskussion schon längst gelaufen, Niggemeiers Thesen abgefrühstückt und die FAZ konnte bestenfalls ihren verschlafenen Stammlesern Neues präsentieren.

Der Journalismus steht vor einem Strukturwandel, den die Blogger schon längst vollzogen haben, bzw. gar nicht vollziehen mussten, weil sie ein "natives Gewächs" des Internets sind: Vom autistischen Inseljournalismus hin zu einem vernetzten Journalismus mit gegenläufigen Kommentaren und Diskussionen. 

Die arroganten Schnösel der großen Blätter sollten besser ihre Augen und Ohren gut aufsperren, denn sonst verlieren sie genau den Status, der sie so bedeutend für die westliche Geschichte gemacht hat: den als Motor der öffentlichen Kommunikation. Wer jetzt aus verletzter Eitelkeit die Schotten dicht macht und den Paradigmenwechsel leugnet, der kann in ein paar Jahren seine staubige Homepage zusammenfegen. Und der letzte knipst den Server aus.