Oder: Mein Tag mit Humboldt, denn eigentlich wollte ich mich heute mal intensiv "meinem" Humboldt widmen, der mir in Kürze in einer Klausur über die Leber laufen wird. Der liest sich zäh wie Kaugummi, da muss man sich schon ein wenig konzentrieren können. Also brav hingesetzt, Kaffee aufgestellt, Buch auf’n Tisch, Zettel daneben, Füller gezückt – und: Geschrei.

Tochter liegt mit der Hand auf dem Ohr im Bett – Ohrenschmerzen. Mama düst in die Apotheke, holt Ohrentropfen, düst weiter zum Friseurtermin. Tochter schreit. Ohrentropfen helfen nicht. Humboldt wartet. Nach endloser Schnippelei kommt Mama zurück, trifft auf einen entnervten Papa und eine verheulte Tochter – neues Ziel: Krankenhaus.

Vor der Kinderklinik keine Parkplätze. Nach einigem hin- und her wenigstens mit Parkscheibe für eine Stunde. Durch den Regen hinein in das Krankenhaus und den gut gefüllten Wartesaal. Nomen est omen. Warten ist angesagt. Klugerweise hatte ich den Humboldt mitgenommen und tatsächlich ein paar Seiten geschafft, bevor ich wieder zum Auto musste, um die Parkscheibe nachzustellen. Während ich nachstelle, wird der Rest der Familie endlich in das Untersuchungszimmer gebeten.

Dort: warten. Mit Tochter lustige Bilder angucken. Geräte erklären. Warten. Endlich kommt eine Schwester: "Bitte sofort raus hier, da ist ein Notfall…". Ergo: zurück in den Wartesaal. Warten. Hunger. Seit zehn Uhr nichts gegessen. Unmut. Hunger. Schwester kommt erneut, führt uns in ein anderes Untersuchungszimmer.

Dort warten. Hunger. Bilder. Kinderbücher. Ein Holzspiel. Tochter springt lustig in der Gegend herum. Simulantenverdacht beschleicht mich. Aber mit dreieinhalb? Warten. Tochter hat alle Bücher durchgeguckt. Arzt kommt. Zehn Minuten Untersuchung. Auf dem Weg zwischen Nase und Ohr Eiter. Bloß keine Ohrentropfen. Nasentropfen! Einen Moment, gehen Sie doch bitte kurz in den Wartesaal… Warten.

Am Ende doch noch Rezepte, Apotheke, Essen. Es ist 18 Uhr. Mein Tag mit Humboldt.