Isch 'abe gar kein Untertitel...

Ade Zeitung

Die SZ geht so richtig den Bach runter und das ausgerechnet, wo ich ein (nicht kostenfreies!) FAZ-Probeabo am Laufen habe. Ist gar nicht übel, nur die Leserbriefe sind ungefähr das, was man beim Bielefelder Käseblatt unter die Überschrift „Witze“ setzt. Gestern oder heute mokierte sich ein FAZ-Leser über die Erbschaftssteuerfreiheit für Immobilien, die ja nur (nur!) bis 200 Quadratmeter gelte. Das wäre eine Gleichmacherei, Sozialismus, Kommunismus, Leninismus, Trotzkismus, Stalinismus und Marxismus sondergleichen. Lafontainismus! Ich habe unter dem Tisch gelegen vor Lachen.

Aber ich weiß jetzt schon, dass ich das Abo nicht weiterführen werde. Was soll man auch mit dem ganzen Papier in der Wohnung? Lesen kann man das alles gar nicht, bestenfalls überfliegen, schlimmstenfalls wird man zum Messi und muss nach einem halben Jahr unter der Zeitung schlafen. Gut, man kann ein paar Zwiebel- und Möhrenschalen drin einwickeln, eventuell mit der Tochter etwas aus Pappmaché basteln, aber das war’s dann auch. Okay, wenn mal was gestrichen werden muss, dann ist’s vielleicht nützlich, ein Großlager voll Zeitungsmüll gehortet zu haben, aber sonst?

Dazu das Format. Tischfüllend, sodass ich meinen Kaffee und mein Brötchen auf der Zeitung platzieren muss. In der Stadtbahn wäre morgens genug Zeit, ein wenig etwas wegzulesen, aber ein Zeitungsleser in der S-Bahn ist mindestens dreimal so unbeliebt wie Vieltelefonierer, Klingeltonausprobierer oder Anderthalbsitzebeansprucher. Dabei geht es doch auch schlanker, wie Frankfurter Rundschau vormacht, aber irgendwie mag da keiner so recht mitziehen. Richtige Zeitungen müssen eben das Format eines Breitbildfernsehers haben.

Also weiterhin kein dauerhaftes Zeitungsabo für mich. Manchmal sind es die ganz praktischen Dinge, die da entscheidend sind.

4 Kommentare

  1. Jens

    Ich kaufe mir morgens im U-Bahn-Kiosk ganz gerne die taz. Sie hat ein praktisches Format, viele kleine Artikel, die man auf dem Weg zur Arbeit lesen kann, sie ist klug, pointiert und witzig. Allerdings gibt’s Probleme beim Seitenumschlagen, wenn man einen Cappuccino in der Hand hält.

    Im Gegensatz zur Süddeutschen und anderen, die sich immer mehr dem neoliberalen Mainstream annähern, sorgt die Besitzerstruktur der taz dafür, dass sie links bleiben muss.

    Denn wir brauchen auch in Zukunft Zeitungen. Denn immer nur Computer nutzen, das schlägt auf die Augen, insbesondere dann, wenn man schon 10 Stunden am PC gearbeitet hat so wie ich heute.

    In diesem Sinne gute Nacht.

  2. kiesow

    bei den großen zeitungen wird IMO klar, wer sie eigentlich lesen soll: der gehobene arbeitnehmer.
    normale arbeitnehmer haben gar keine zeit solch umfangreichen zeitungen zu lesen. morgens beim frühstück hat man weder platz, noch zeit. und abends möchte man sich meist doch um andere dinge kümmern. bleibt nur während der arbeitszeit und dafür muss man auf der leiter halt ein paar stufen erklommen haben.

  3. Hokey

    Die taz wird von der aktuellen Krise tatsächlich weniger zu spüren bekommen, allerdings ist sie extrem abhängig von ihren Abonnenten. Ob wir in Zuknunft wirklich etwas wie Zeitung brauchen, wage ich dahinzustellen. Wir brauchen etwas, das die in meinen Augen wichtigste Funktion von Zeitung übernimmt, nämlich zu kommentieren und einzuordnen. Die nackten Informationen bekommt man sowieso überall nachgeworfen und die Zeitungen sind oft die Letzten, die mit einer Information an mich herantreten. Vorher waren da schon Radio, Fernsehen und Internet.

    Einzig den Wochenzeitungen räume ich noch eine Chance ein, denn die muss man nicht an einem Tag „vertilgen“, sondern kann sich eine Woche Zeit dafür nehmen.

  4. Jens

    Grundsätzlich sind nach meiner Erfahrung die Blogs sehr wohl in der Lage, die Meinungsfunktion von Tageszeitungen zu übernehmen.
    Auch für andere Funktionen (Lokales, Stellenangebote, Immobilienmarkt etc.) gibt es ausreichende Angebote im Internet. In Gebieten, in denen soziale Netzwerke einen hohen Durchdringungsgrad haben, kann sogar die Kommunikationsfunktion der Zeitung ersetzt werden (in memoriam XY-Gruppe statt Todesanzeigen).
    Es bleibt die Ritualfunktion, z.B. Wie bringe ich die U-Bahn hinter mich?
    Ich denke, Printmedien, die innovative Themen bringen, könnten eine Chance haben.
    Vergessen wir auch nicht, dass es 2 Generationen dauern wird, bis die oben genannten Internetmedien sich flächendeckend durchgesetzt haben werden.

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