Isch 'abe gar kein Untertitel...

Der Sound des Computers: C64-Themes

Dieser Beitrag entstand ursprünglich im Jahr 2006, lag dann bis heute Jahre brach und heute habe ich ihn zu Ende geschrieben. Einiges ist heute vermutlich schwer veraltet, aber damals hatte ich den Audioplayer Xmplay entdeckt, mit dem man verschiedene alte Musikformate des C64 und des Amiga abspielen konnte. Mittlerweile findet sich das alles irgendwo auf Youtube, und sogar bei Spotify entdeckt man mit etwas Suchen einige Computerspiel-Soundtracks.

Machen wir den Zeitsprung in eine Zeit, in der es noch keinen 7.1-Super-Eax-Sourroundsound gibt, „Subwoofer“ nach fliegender Untertasse klingt und das Wort „Soundkarte“ eher an ein extravagantes Restaurant denken lässt. Computerbildschirme leuchten in monochromem Grün oder Gelb und die eingebauten Boxen geben bestenfalls knarzende Geräusche von sich. Begleite mich auf meiner persönlichen Reise durch die sehr faszinierende, aber von der offiziellen Welt der Charts und Awards oft wenig beachtete Welt der Computermusik.

Die Geschichte beginnt wie so viele Computergeschichten beim C64, denn der spielte in meiner Computergeschichte eine maßgebliche Rolle. Zwar konnte auch unser erster Computer, ein CPC 464, schon Geräusche von sich geben, aber den Sound betreffend war der Commodore seinem Konkurrenten von Schneider / Amstrad doch einiges voraus.

Musik aus einem Chip

Denn erst mit dem guten alten „Brotkasten“ und seinem SID-Chip wurden die Spiele geboren, deren Soundtracks sich wirklich hören lassen konnten. Sogar an die Simulation von Sprache konnte man sich damit wagen: Ob nun martialisch wie die Turrican-Begrüßung  oder bayerisch wie in „Escape from New York“ – beeindruckend war das allemal. Wir saßen damals jedenfalls mit heruntergeklappter Kinnlade vor der Kiste und staunten Bauklötze.

Es gab im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, den ersten großen Heimcomputer musikalisch zu nutzen: Während man einerseits versuchte, das bekannte Repertoire an Instrumenten zu kopieren, war andererseits völlig Neues möglich und die etwas zu groß geratenen Taschenrechner gerieten langsam aber sicher zu eigenständigen Musikinstrumenten. Beides war eine Herausforderung, denn noch musste man auf eigenständige Soundkarten verzichten, an Computer-Samples war noch nicht zu denken, und letztlich war man darauf angewiesen, aus den knarzenden und krachenden Geräuschen der ersten Soundchips irgendwie melodiöse Musik zu kreieren. Das gelang einigen Produzenten großartiger Soundtracks, die oft spannender waren als die zugehörigen Spiele. Maßgeblich war dafür immer auch das Genre des Spiels: eine Story im Mittelalter mit einem Synthie-Soundtrack – das passte einfach nicht.

Kultige, aber unspektakuläre Soundtracks von Adventure-Klassikern wie Maniac Mansion oder Zak McKracken dürften den Spielern der damaligen Zeit noch im Ohr klingen; die Spiele waren rundum gelungen, der Sound dagegen eher trocken, perkussiv und eintönig. Da ging mehr!

Ninjas – Musikalische Klischees imitieren

Die Ninjas waren los! Kein Grundschuljunge konnte sich Ende der 80er dem Ninja- und Karate-Hype entziehen. Zahllose Ninja-Filme mit Michael Dudikoff, Jackie Chan, Jean-Claude Van Damme und Chuck Norris fluteten die Kinos; Klassiker wie die Karate-Kid-Reihe ließen auch kleine Jungs vom großen Sieg träumen; durchgedrehte Ninja-Schildkröten füllten die Kinokassen und auch die Gamedesigner stürzten sich auf den Martial-Arts-Trend, nicht ohne uns einige rasante Soundtracks zu hinterlassen, von denen mir zwei besonders im Ohr geblieben sind.
Richtig Tempo brachte der „The Last Ninja 2“-Soundtrack von Matt Gray, ein Spiel, das alle Ninja-Jungsträume wahr werden ließ und dessen Musik über das komplette Spiel hinweg ein Hochgenuss war, den man sich ohne den rennenden Ninja gar nicht vorstellen kann. Mit einem dominanten 80er-Jahre-Schlagzeug, vereinzelt asiatische Instrumente zitierend und den Spieler vorantreibend unterstützte der Soundtrack die Handlung des Spiels perfekt.
Etwas gemächlicher und spielerisch geregelter ging es bei „International Karate“ von Rob Hubbard zu, wo eine Basslinie, ein Synthie-Sound und eine Reihe vielschichtiger Asia-Einsprengsel das Klangbild bestimmen, erst ab dem Mitteltei legt Hubbard dann an Tempo zu. Erstaunlich, wie es beiden Komponisten gelingt, die Musik trotz der Beschränkung auf drei Kanäle so komplex und vielschichtig klingen zu lassen. Gefühlt sind da stellenweise mindestens fünf Instrumente am Werk.

Zwischen Bekanntem und Modernem

Ein weiteres der Spiele, bei denen mehr ging als Krachen und Knarzen, war das spielerisch recht langweilige Miami Vice, dessen Umsetzung des Miami-Vice-Themes jedoch eine der gelungensten eines Serien-Soundtracks auf dem C64 sein dürfte. Nicht nur, dass Komponist Martin Galway die Synthie-Gitarren des Originals von Jan Hammer überzeugend umsetzt – sogar das Ziehen der Gitarrensaiten simulierte er auf dem 8-Bit-Computer – eine Möglichkeit, die die mit billigen Standard-Midi-Chips-geplagte PC-User später schmerzlich missen sollten. Alleine wegen der Spielmusik lohnte es sich, mit dem schwarzen Sportwagen über die pixeligen Straßen Miamis zu cruisen.

Eines der schönsten Beispiele für das musikalische Spiel mit Imitation und dem Experiment mit den neuen Möglichkeiten zeigt der Intro-Track zum zum Rollenspiel „Times of Lore“ (ebenfalls von Martin Galway), einem meiner ersten Kontakte mit der Fantasy-Welt. Eine fast schon etwas kitschige Harfe geleitet den Spieler knarzig ins Spiel, und wer das fast 9-minütige Stück vollständig  durchhört, wird bemerken, dass der von Arpeggios bestimmte, „typisch“ fantasyartige Beginn des Intros in einen von Synthiesounds bestimmten Mittelteil wechselt und schließlich in einem von einem Gitarrensolo bestimmten Outro endet. Galways Stück zwischen Pseudo-Mittelalter und Moderne zeigt eindrucksvoll, dass es kaum einen Mittelweg zwischen Imitation und Computermusik geben konnte: Schon im Intro erschwert der Sound die Zuordnung zu einem realen Instrument. Handelt es sich um eine Konzertgitarre, eine Harfe oder ein anderes Saiteninstrument? Noch schwieriger wird es im Mittelteil, der noch deutlicher in Richtung Synthie-Klang tendiert, nichtsdestotrotz aber auch die Imitation eines klassischen Ensembles sein könnte. Die E-Gitarre im Outro hingegen ist deutlich herauszuhören und man kann es kaum glauben, dass Galway im Solo tatsächlich typisch gitarristische Modulationstechniken wie Hammerings, Bendings, Rakings oder Slidings auf einem 8-Bit-Computer umsetzt!

Neue Wege ließen sich im Sci-Fi-Genre einfacher beschreiten. Wer die Synthesizer-Qualitäten des SID-Chips kennenlernen will, sollte keinesfalls die Intros der Weltraum-Shooters „Armalyte“ (Martin Walker), „R-Type“ (Chris Hülsbeck) oder des Shoot’em-up-Sammelspiels „Wizball“ (Martin Galway) verpassen.

Potentiale voll ausgereizt

Auch wenn der Digi-Sound der 80er-Jahre mit seinen drei Kanälen technisch stark eingeschränkt war, so zeigte sich schon, was man mit den kleinen Kisten alles anstellen konnte. Mehr Möglichkeiten bot der „große Bruder“ des C64, der Amiga 500, dessen Soundpotenziale für lange Zeit Computergenerationen in den Schatten stellen sollte. Dazu vielleicht mehr in einem nächsten Beitrag.

(Ein nettes Schmankerl nebenbei: Serien und Filme lieferten oft die Blaupause für neue Computerspiele und deren Soundtracks: Die Rockband Queen bekam während der ersten Hochzeit der Heimcomputer den Auftrag, einen Soundtrack zum Kinofilm „Highlander“ zu schreiben. Logisch, dass auch die Musik zum Computerspiel den grandiosen Queen-Soundtrack aufgreift: Martin Galways 8-Bit-Coverversion von „It’s A Kind Of Magic“ ist nicht weniger hörenswert als das Original.)
(Und wer jetzt plötzlich Lust bekommen hat, die alten Spiele noch einmal zu spielen, der sollte sich hier einmal umgucken. Alles für den PC.)

4 Kommentare

  1. Sebastian

    Uff, das gute alte Times of Lore. Wir haben es nie zu Ende gespielt. Finde auch kein longplay auf youtube wo das jemand durch spielt. Eines der besseren Spiele auf dem C64. Ich glaub, wenn ich zeit habe, hole ich mir mal ordentlich ein paar Spiele. Kann kaum auf Semesterferien warten.

    • Hokey

      Puh, ich vermute, du kriegst die Krise, wenn du ToL noch einmal spielst, weil das Spielgefühl derart lahm und umständlich sein wird, dass du als passionierter Zocker vor Langeweile sterben wirst. Aber wenn: Hol dir die Stiefel im Südosten der Karte – das spart Zeit! Wo man die zurückkehrende Wurfaxt findet, habe ich vergessen, aber auch die war für den Anfang sehr wichtig.

  2. Sebastian

    Diw Wurfaxt gabs auch im Sueden. Suedwesten um genau zu sein. Die musste man sich von jemandem kaufen. Irgendso ein Bartender. Oder man hat ihn umgebracht und die Axt dann geklaut.

  3. Sebastian

    Und du hast die Bubble Bobble Musik vergessen!

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