Isch 'abe gar kein Untertitel...

Nuhr schlecht

Gestern Abend präsentierte man im ZDF Dieter Nuhr, der einen komödiantischen Jahresrückblick liefern sollte. Nuhr ist im Fernsehen in der Sparte „Comedy“ groß geworden, kommt also da her, wo Mario Barth und Cindy aus Marzahn gerade den Blödelthron besetzen. Gestern jedoch versuchte er sich tapfer an politischem Kabarett, was in Zeiten, wenn kabarettistische Schwergewichtler wie Urban Priol, Wilfried Schmickler, Volker Pispers, Hagen Rether, Frank-Markus Barwasser und viele andere die Anstalten unsicher machen, ein gefährliches Pflaster für Komödianten ist. Und so lieferte Nuhr gestern wohl die unwitzigste Comedyvorstellung, die das ZDF zu bieten hatte.

Kein politisches Gespür

Was gute Polit-Kabarettisten auszeichnet, ist politisches Gespür. Man merkt schnell, ob sich jemand mit einem politischen Sachverhalt beschäftigt hat und dann überraschend die Pointe daraus entwickelt oder ob er einfach nur plump nach dem Naheliegenden greift. Nuhr gehört zu den letzteren. Wikileaks sind darum ein Haufen doofer Petzen, die auf dem Schulhof immer von Scherzkeksen wie Nuhr gehauen worden sind. An seine Kloschüssel müsse er für die jetzt nun eine Webcam hängen und belanglos seien deren Informationen obendrein. Überhaupt hätten diese Wikileaker das Internet besetzt, man könne dort gar nichts mehr gegen die sagen, da hätte sich das mit der Meinungsfreiheit gleich erledigt. Wenn man so etwas hören muss, muss man glauben, Dieter Nuhr hätte noch nie einen Browser benutzt und wäre zu faul gewesen, wenigstens den Wikipedia-Eintrag zu Wikileaks zu lesen, wenn er wähnt, Wikileaks richte sich nur gegen die USA und ließe anderes außen vor. „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten“, hat mal jemand gesagt. Wäre schön, wenn er sich selber daran hielte. Wie man besser, intelligenter und frei von Arroganz die Vor- und Nachteile von Wikileaks abwägt, zeigt Erwin Pelzig. Ähnlich ahnungslos zog Nuhr zuvor über die doofen „Wutbürger“ her, denen 15 Jahre Planungszeit für einen Bahnhof wohl zu schnell gewesen seien. Dazu Wutbürger Nr.1: Wilfried Schmickler.

Als Nuhr dann anfing, sich Angela Merkel oben herum nackt vorzustellen, habe ich umgeschaltet. Rambo 2 erschien mir doch etwas anspruchsvoller als Nuhr. Der sollte demnächst lieber dort auftreten, wo man Ahnungslosigkeit mit platten Witzen gut verbinden kann: Auf CDU-Parteitagen zum Beispiel.

8 Kommentare

  1. kaus baum

    ich bin während der nuhr-sendung eingeschlafen, nach zirka 10 minuten, und erst wieder aufgewacht, als es plötzlich still war.

  2. kynik

    tja. und wo geht der nuhr demnächst hin? macht in der ard
    die reste von satire noch platt indem er den „satiregipfel“
    übernimmt.

  3. Vom Niederrhein

    Ich bin mal gespannt was er beim satiregipfel leistet. Bei seiner letzten Sendung bin ich übrigens auch eingeschlafen.

  4. gerdos

    Ich habe diese Sendung noch schlimmer empfunden und eine ähnliche Kritik per e-mail an ihn geschickt.Keine Reaktion.

    War Nuhr vor Jahren noch originell und individuell mit seiner Situationskomik und Veralberung der alternativen Szene, so passt er sich mehr und mehr dem Geschmack der Inhaltslosen Spassgesellschaft an. Kaum eine Pointe ohne Sexualisierung, Parabeln auf Exkremente, Anspielung auf primäre Geschlechtsmerkmale und wenn es politisch wurde, zeichnete er sich in seinem Jahresrückblick durch mittelschichtanbiedernden Humor von „oben“ nach „unten“ aus. So wie hier beschrieben.

  5. Helm. W.

    … zeichnete er sich in seinem Jahresrückblick durch mittelschichtanbiedernden Humor von „oben“ nach „unten“ aus….

    Zitat v. Oben – danke – diese Formulierung suchte ich, fiel mir so aber nicht ein. Damit ist alles über nuhr gesagt. Einer aus dem gehobenen Mittelstand, der keine Klassendeppen mehr findet, hat Angst um seine gehobene Existenz. Und drischt in seiner betont stillen aber eiskalten Art auf die ein, die von den Globalisten durch Billiglohn sozial abgedrängt werden, und sich wehren müssen. Das sowas die Nachfolge von D. Hildebrand antritt ist schon peinlich. Beschränkte er sich auf Comedy, könnte er schon wachsen, aber als politischer Kabarettist – hat er nuhr die Botschaft, seid schön ruhig, denn die Nuhrs der Welt lieben es leise und es muss auch billig sein, auch wenn eure niedrige Klassendeppen-Existenz damit draufgeht. Nuhr, der überflüssige Kabarettich den es gibt.

  6. Helm. W.

    Hi hi – nu ja – der erste Kommentator bin ich nun nicht, aber vielleicht der letzte 😀

  7. Hokey

    Der Beitrag ist ja nun schon fast 9 Jahre alt – ist Nuhr immer noch so drauf? Ich hatte zwischendurch den Eindruck, er hätte ab und an auch wieder mal gute Momente. Aber ich verfolge ihn (und das Kabarett insgesamt) gar nicht mehr, seit der Fernseher bei mir nur Abspielgerät für diverse Netz-Streams ist.

  8. Helm. W.

    Da mir zu Nuhr sonst nix einfallen mag – Talent hat er sicher, auch trifft er oft ins schwarze, aber er ist der – hi hi – Kabarettist der Möchtegern Elite, die schiss hat um ihre guten bequemen und unverdienten Einnahmen . Und diese meint alles wäre gut und schön solange es ihnen gut geht und sie nicht mit Wut und Lautstärke der Betrogenen und Leidenden. gepeinigt werden.

    Das es I. Dt. Land vielen Leuten schlecht geht ist deren eigene Schuld und es kann auch nicht wahr sein. Denn bei Nuhrs ist der Tisch immer reich gedeckt und im Kongo isses noch viel schlimmer etc, bäh-bäh. Und Kapitalismus und Globalisierung werdens schon regeln.

    So was als politischen Kabarettist… Der sogen. herrschaftskonforme Komiker. Der alles mitmacht, solange er seine Ruhe hat, und gut mitverdienen kann.

    Es erinnert an die Personen in Jaroslaw Haseks Geschichten.

    Nuhr ist ein Borderliner, seine komisch kalten Augen – wieso fällt das eigentl keinem auf?

    Sein soziales Engagement erinnert mich an das der Matronen u. Offiziersgattinen im WK 1.

    Nurr ist die ekelerregendste Figur im Komikbereich – ich werde wohl auch das TV meiden. Andreas rebers, Simone Solga –

    Gute Beispiele, wie es auch anders geht. Ohne verleugnen und Gutmensch Anbietern bei Zugelaufenen. Man muss nicht Dieter Hildebrand Heiligenstatus erlangen.

    Frohe Ostern! Allerseits

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

© 2024 Hokeys Blog

Theme von Anders NorénHoch ↑